Prolog

 

Dieses Abenteuer habe ich jetzt so lange vorbereitet, dass ich es eigentlich kaum erwarten kann, endlich los zu kommen. Der Abschied in Hamburg war sehr schwer und besonders die Trennung von Ruth und meiner Familie tränenreich.

 

Jetzt befinde ich mich seit einigen Tagen bei Stefanie in Berlin, die mit mir die erste Etappe meines Abenteuers unternimmt. Wir fahren mit ihrem Auto nach Kafountine, einem kleinen Dorf in der Casamance, im südlichen Senegal.

Unsere Ausrüstung bekommt jetzt noch den letzten Schliff. Es ist noch einiges zu tun und eigentlich haben wir das Auto bis jetzt nur theoretisch bepackt.

Mal sehen, was passiert.

Am 30.11., unserem ultimativen Abfahrtstag herrscht so richtiges Sauwetter und wir bekommen den Isuzu Trooper nur mühsam beladen.

Endlich geht es los. Obwohl wir uns eigentlich ganz gut in Berlin auskennen verfahren wir uns gnadenlos, als wir eine Tankstelle vor dem Stadtring suchen.

Das fängt ja gut an.

 

Über die Autobahn geht es dann über Oberursel und Wald-Michelbach, wo wir noch etwas Bekannten- und Verwandtenbesuch von Stefanie machen. Von hier aus sind wir dann direkt nach Frankreich hineingefahren, wo wir hauptsächlich die Route National und - wo es nix kostet - die Autobahn benutzen. Der Verkehr in Frankreich ist für uns sehr ungewöhnlich. Alles ist ruhiger und stressfreier - es  bringt richtig Spaß hier zu fahren.

Unser heutiges Ziel ist Vienne, eine kleine Stadt südlich von Lyon, mit einer Jugendherberge, die wir auch tatsächlich, diesmal ohne uns zu verfahren, sofort (!!!) finden.
Begrüßt werden wir von einer Gruppe Ex-Jugendlicher mit Pastis-Gläsern in der Hand. Es gibt wohl irgendwas zu feiern, die Chefin ist auch schon leicht angeschickert und wir bekommen zu zweit ein 18-Bett Zimmer. Wir erkunden noch etwas den Ort und essen Abends eine leckere Pizza. Bei dieser Gelegenheit check ich zum ersten mal im Ausland mit meinem kleinen HP-Jornada und meinem Mobiltelefon meine Mailbox im Internet.

Nachdem wir die französischen Nationalstrassen ausreichend durchgetestet haben, entscheiden wir uns für die Autobahn - das geht nämlich noch schneller und ist gar nicht so teuer.

 

Wir schaffen es bis Spanien, in ein kleines Nest an den Pyrenäen. Hier wohnt eine Freundin von Stefanie und hier treffen wir Jens aus Berlin mit seinem Motorrad. Er wird uns von nun an bis Kafountine begleiten.

 

Im Dorf versorgen wir uns noch mit ausreichend Bier und klönen noch recht lange - auch über alte Zeiten. (... ach, damals ...)

 

Früh morgens geht es weiter auf die Autobahn. Wir haben uns für eine Jugendherberge in der Nähe von Alicante in Moraire entschieden, welche wir auch in kilometerfressender Weise, bei stehendem Gasfuß, erreichen. Die Jugendherberge ist riesig, neu und modern und wir sind die einzigen Gäste. Erst machte die Chefin etwas Stress wegen Jens fehlender Mitgliedskarte - aber dann ging es doch - wir sollen es bloß nicht weitersagen. Da Jens ziemlich laut schläft bekommt er sogar ein Zimmer für sich.

Eigentlich wollten wir am nächsten Tag schon nach Afrika übersetzen, entscheiden uns aber dafür, noch eine Nacht in der Jugendherberge von Algeciras einzuplanen. Hier ist es ziemlich kühl, sehr laut und teuer.

 

 


Marokko
 

 

Jetzt geht alles sehr schnell:

Gleich morgens fahren wir schnurstracks zum Fährhafen, kaufen schnell unsere Tickets, fahren schnell auf das Schiff und sind mit der Fast-Ferry, dem BuqueBus, auch schnell in Ceuta (Spanisch-Marokko). Die Grenzkontrollen gehen für marokkanische Verhältnisse auch relativ schnell (eine Stunde) mit allerlei Formularen und Schlangestehen, was uns

durch die Hilfe eines Einheimischen, natürlich gegen ausreichendes Trinkgeld, erleichtert wird.

 

Ramadan ist gerade zu Ende und die Leute sind gut drauf.

 

Die erste Etappe in Marokko führt uns vorbei an europäisch wirkenden Landschaften mit Kamelen,  Männern in der Jalaba - aber mit Handy. Sogar eine Frau auf einem Kamel.

Jens hat eine Panne mit einem Benzinschlauch an seinem Motorrad. So machen wir eine längere Pause am Strand in einem kleinem Nest und Jens erledigt seine erste Reparatur. Vorher müssen wir aber Stefanie noch davon überzeugen, dass es für einen Diesel überhaupt nicht schlimm ist, in einem der Reserve-Spritkanister auch mal Benzin zu füllen, da Jens dafür sein Benzin aus dem Tank ablassen muss.

 

Nachmittags peilen wir einen Campingplatz in Moulay-Bousselham an, wo wir mal einen Tag pausieren wollen. Es ist ein reichlich heruntergekommenen Zeltplatz, der früher bestimmt mal ganz toll war. Jetzt brechen alle „festen“ Gebäude schon bei bloßem Hinsehen zusammen.

Es ist jetzt an der Zeit, die Ausrüstung zu sichten, zu sortieren und neu zu packen.

In einem nahem Restaurant essen wir am Abend gegrillte Seezunge ohne Bier und frieren uns im Zelt auf dem Dach des Autos den Hintern ab. So ganz überzeugend ist die Dachzelt-Lösung dann wohl doch nicht, zumal wir jedes mal über das Fahrrad am Heckträger klettern müssen. Da bin ich bin doch froh, dass es hier kein Bier gibt. Diese Akrobatik-Einlagen - nur fürs pinkeln ... und dann läuft einem noch kaltes Wasser von der Zeltwand den Nacken herunter - damit man so richtig wach wird.

 

Morgens freuen wir uns auf den ersten Sonnenstrahl, der uns Wärme gibt. Wir breiten uns tüchtig aus. Stefanie beginnt damit, das Solar-Panel anzubauen und wundert sich, warum es hier nach Sprit riecht - wir verlieren Diesel.

Aus ein paar Steinen und den Sandblechen wird eine Rampe. Wir bauen ein Blech unter dem Tank ab und suchen die Quelle. Vermutlich liegt das Problem auf der Tankoberseite. Wir müssen entweder den Tank ausbauen oder eine Werkstatt aufsuchen, die das für uns erledigt. Dies ist wegen dem Ende des Ramadan quasi unmöglicht. Wir rufen tatsächlich den ADAC an. Die geben uns ein paar Tipps und nennen uns eine Werkstatt in Agadir. Nach langem hin und her und einigen Anrufen entscheiden wir uns nach einer Testfahrt, wo der Dieselverlust zum Glück etwas weniger wurde, übermorgen in Agadir die Werkstatt aufzusuchen.

Abends essen wir im selben Restaurant wie gestern eine vorbestellte Tagine mit Huhn.

 

Diese eine, letzte Nacht schlafe ich noch auf dem Dach.

Sie ist trotzdem zu kurz.

Wir packen wieder alles zusammen und fahren südwärts. Erst einmal auf die Autobahn Richtung  Casablanca. Irgendwo kurz davor verlassen die Autobahn und entscheiden uns für die Küstenstrasse. Am Wegesrand essen wir leckere Brochettes (Fleisch am Spieß - hier ohne Spieß) und erfreuen uns an einem kleinen Hund, den Stefanie gleich gegen eines unserer Stofftiere, die wir zum Polizistenbestechen mitgenommen haben, tauschen und einpacken will. Na ja - der kleine Scheißer ist dann zum Glück doch dageblieben.

Durch Casablanca fahren wir stur und intuitiv am Hafen lang und sind - ohne uns zu verfahren - schnell durch. Stefanie hat ja auch einen guten Beifahrer. Leider ist gerade ein Fußballspiel zu Ende, die Leute feiern und es ist stadtauswärts ein Riesenstau hinter der Riesenmoschee Hassan-II. Stefanie kauft noch schnell teures Bier in einem Restaurant.

Im  Dunkeln arbeiten wir uns durch bis El Jadida, das ich von einem früheren Marokko-Aufenthalt noch ganz gut kenne. Ein freundlicher Polizist zeigt uns kurz den Weg zum Campingplatz und siehe da: Hier sind alle sehr nett und es gibt Bier !!!! Das Zeug geht so runter wie nix und der Zeltaufbau - zum ersten mal mit meinem kleinen, blauen Bikerzelt - geht schnell. Die Nacht wird auch ganz angenehm, obwohl das Bier natürlich etwas viel war.

Morgens wollen wir schnell weiter nach Agadir. Heute bin ich mal dran und fahre den ganzen Tag. Wir nehmen wieder die wunderschöne Küstenstrasse, die vorbei an Stränden und Steilküsten und auch mal kurvig über ein Vorgebirge führt. Der Blick ist atemberaubend und es ist sehr wenig Verkehr. Hin und wieder sehen wir Ziegen, die in einen Baum geklettert sind und Blätter fressen oder mal ein weißes Kamel, welches einen Pflug zieht.

In Rekordzeit, wie ein Einheimischer, fahre ich durch die Hafenstadt Safi und in Essouira machen wir nur einmal kurz eine Pause in einer Surfschule.

Mit Schwung, Schluchten und viel Serpentinen geht es schnell bis Agadir. Die Fahrt bringt irrsinnig Spaß, besonders bei den vielen Kurven, was Stefanie gar nicht so witzig findet.

 

Der Campingplatz ist schnell gefunden - hab mal wieder den richtigen Riecher gehabt - , der Stellplatz für unsere Zelte auch - neben der Bar - natürlich. Diese Bar wird viel von Marokkanern frequentiert, da es hier Bier gibt. Ansonsten findet man hier die Kleingarten-Camping-Idylle der Europäer mit Geranien im Vorgarten (eingezäunt) und als letzten Schrei ein extra Küchenzelt, damit man das dreckige Geschirr nicht immer sieht.

Da die Bar nebenan recht laut ist und die Marokkaner (fast ausschließlich junge Männer) am liebsten bei laufendem Motor von Auto zu Auto Dauerquatschen, schläft es sich am besten mit Lärmstopp. 

 

Morgens bringen Stefanie und Jens den Wagen in die Werkstatt.

Sie haben Schwierigkeiten, die Werkstatt zu finden. Jens findet den Rückweg zum Campingplatz nur mit Hilfe seines GPS, obwohl die Werkstatt lediglich in einer Parallelstrasse zur Hauptstrasse liegt. Mit der Orientierung haben sie es beide nicht.

Obwohl es in ihren Augen der erste „richtige“ Einsatz von Jens GPS war, bin ich dann doch froh, nicht dabei gewesen zu sein - wäre mir echt zu peinlich gewesen.

Ich bleibe lieber bei der Ausrüstung, lese und beobachte die Leute, wie den verkrüppelten Fischverkäufer, oder dem griesgrämigen Alten in Islamistenkluft, der ein Schulmädchen anherrscht, den Schulrucksack nicht auf dem Rücken zu tragen - ist hier wohl verboten (kaum außer Sicht trägt sie ihn normal) oder den Nachbarn, der seine Tochter züchtigt (scheint hier ebenfalls normal zu sein).

Es stellt sich dann heraus, dass es wohl mehrere  Löcher im Tank gibt. Wird aber fix und ambulant, das heißt bei vollem Tank, repariert und abends holen Stefanie und Jens den Wagen wieder ab.

Am Abend sind wir wieder an der Bar und essen wieder Brochettes. Jetzt fängt es an zu regnen und hört eigentlich gar nicht wieder auf. Mitten in der Nacht muss ich Wasser aus dem Zelt schöpfen und fast nackt, zur Freude einiger Einheimischer in ihren Autos, alle Leinen erst anmontieren (war ja vorher nicht nötig) und nachspannen. Den ersten Regenschub hab ich mir ja noch gefallen lassen und bin tapfer in meinem Zelt geblieben. Ich hab sogar versucht, weiterzuschlafen. Beim zweiten Schub bin ich dann doch ins Auto umgezogen.

Morgens haben wir dann alles nass eingepackt.

 

Den Tag über ließ der Regen auch kaum nach. Kleine Feuerlöschteiche mutieren zu Binnenmeeren und aus trockenen Flussbetten werden reißende Ströme. Brücken werden sorgenvoll von Polizisten kontrolliert (wenn das erste Auto absäuft, wird sie wohl gesperrt) und viele Flächen sind schon überschwemmt. Trotzdem ist die Etappe sehr schön und toll zu fahren.

 

Wir überholen ein vollbesetztes Taxi mit kaputter Windschutzscheibe, in die der Fahrer ein Loch geschlagen hat, um bei 90 km/h die Strasse zu sehen.

Nach relativ ereignisloser Fahrt erreichen wir TanTan. Den Ortseingang bildet eine Art Tor aus riesigen, nachgebildete Kamelen.

Wir trinken kurz etwas und beschließen, noch etwas weiter zu fahren. Eine Stadt weiter, in TanTan-Plage, nehmen wir ein Hotel und essen koreanisch - weil es nur dort Bier gibt  - natürlich.

 

Dies war dann erst einmal die letzte Nacht im Bett. Die nächste Etappe führt uns nach Tarfaya, einem trostlosen Nest mit Fischereihafen. Wenn man hier in der Ortseinfahrt nicht aufpasst, endet die Fahrt in einer Sanddüne.

Tarfaya ist auch die erste Stadt in der Westsahara, was von Marokko annektiert wurde.

Hier treffen wir einen Radfahrer aus Genf und später einen anderen Radfahrer aus Japan, die beide, aber unabhängig voneinander, Afrika durchqueren.

Am Straßenrand, auf Felsen, Schildern, etc. tauchen immer wieder mal, wie auch schon Tage zuvor, Hinweise auf einen Campingplatz mit Bier in Gambia auf. Diese kleinen Graffitis werden wir in Zukunft noch häufiger sehen.

Da wir heute mal zelten wollen, biegen wir rechts ab in die Pampa. Jens hätte gerne ein optisch geschütztes Plätzchen, welches wir dann auch finden. Es ist aber eher eine harte Sandfläche, auf der man keinen Häring reinkriegt. Trotzdem müssen die Zelte aufgebaut werden, damit sie trocknen können. Stefanies Dachzeltkonstruktion inklusive Matratze nehmen wir vom Dach und stellen sie neben das Auto. 

In der Nacht komme ich kaum zum Schlafen. Meine ISO-Matte hat ein Loch und ein starker Wind schüttelt mein Zelt durch - es ist ziemlich laut. Da es mir zu hart wird, wechsle ich in Stefanies Zelt, was ihr wegen des scharfen Windes ganz recht ist. Allerdings steht es schief und sinkt in einer Ecke ab - genau da wo der Kopf liegt - bis er blutleer wird.

Der Wind greift auch hier ins Zelt und drückt es runter. Wir bauen beide Zelte ab (nur Jens bleibt eisern in seinem Zelt - unser Trapper) und verziehen uns ins Auto. Stefanie sinniert darüber nach, ihre Dachzeltkonstruktion fallen zu lassen und vielmehr die Matratze im Auto unterzubringen.

Der Wind bleibt heftig und heißes Wasser bekommen wir nur mit Jens Benzinkocher - den zu benutzen jedes mal recht abenteuerlich aussieht. Die ersten male bin ich richtig in Deckung gegangen.

Durch den Wind wird viel Sand aufgewirbelt, der zu einem echten Sandsturm mutiert. Es ist heiß, wir können aber nicht mit offenen Fenster fahren - zumindest müssen wir genau gucken, woher der Wind und somit der Sand kommt. So kurbeln wir uns munter durch die Wüste - linkes Fenster - rechtes Fenster. Urplötzlich taucht der japanische Radfahrer mit zusammengebissenen Zähnen vor uns auf und gerade in diesem Moment werden wir von Jens fotografiert. Er fährt jetzt oft  voraus, da der Weg eindeutig ist und immer geradeaus geht. Das führt schon mal zu Problemen, da wir eventuell mal eine Mittagspause gemacht hätten, aber von ihm nichts zu sehen ist.

 

Wir versuchen uns anhand einer Straßenkarte in dem einen oder anderen Ort zu verabreden. Leider existieren manche Ort nicht, oder heißen anders oder liegen versteckt hinter Dünen. In einem Fall ist der Ort neu und auf keiner Karte. Da wir Hunger haben, biegen wir ab - egal ob Jens dabei ist oder nicht - und passieren erst einige leere Neubauten. Anschließend taucht eine große Militärgarnison auf und dahinter liegt versteckt in einer Bucht eine riesige Barackensiedlung und hunderte von Fischerbooten.

Ich werde von einem Militär angesprochen und in die Garnison mitgenommen. Es wirkt etwas bedrohlich, da er nicht so recht sagen kann, was er will - aber es stellt sich heraus, das er eigentlich nur wissen will, wie er uns helfen kann und sein Boss etwas englisch spricht.

 

 

Westsahara

  

So entstehen Missverständnisse. Trotzdem wirkt die ganze Szene seltsam. Die vielen Fischerboote an Land sind scheinbar unbenutzt, die Bewohner sind fast nur Männer, die gelangweilt herumstehen und uns zu nahe kommen. Die Neubauten sehen eher aus  wie Musterhäuser. Das gibt Platz für Spekulationen und diese reichen von Flüchtlingslager über Zwangsumsiedelung von Westsahauris bis zu Ansiedelungsaktionen von Marokkanern in der Westsahara.

Zumindest riecht es trotz der vielen Fischerboote nicht nach Fisch.

In einer nahen Tankstelle essen wir eine Tagine, die Jens aber irgendwie gar nicht behagt.

 

Später erreichen wir Laayoune. Durch eine Senke führt die Strasse aufwärts - auf eine festungsartige Garnison zu. Laayoune ist eine sehr große Stadt mit sehr viel Militär. Man sieht hier fast nur Uniformen.  Da die Westsahara ehemals spanisch war, ist es hier leichter spanisch zu sprechen. Wir trinken kurz etwas und fragen nach der nächsten Bierkaufmöglichkeit. Mit derlei Infos ausgestattet fahren wir zuerst nach Laayoune-Plage. Dies ist ein richtiger Badeort mit ein paar Hotels und Campingplätzen aber bierfrei. Außerdem ist keine Saison und der Ort daher völlig tot.

 

Etwas weiter ist der Hafen von Laayoune. Hier ist die Industrie der Westsahara konzentriert und es riecht stark nach Fisch. In einem spanischen Hotel werden wir fündig und kaufen eine große Menge Dosenbier ein.

 Nachdem wir die Hauptstrasse wieder verlassen haben, sucht Jens schon wieder seine

versteckte Düne zum zelten. Stefanie und ich sind eher für einen offenen Platz mit eventuellem Kontakt mit anderen Reisenden. Als wir zwei Landrover auf eine Steilküste zu abbiegen sehen, fahren wir einfach hinterher. Vor uns taucht eine Straße auf, die runter in eine Dünenlandschaft und zum Strand führt.

 

Die Gegend ist toll, wir sind für uns und doch wieder nicht. Die anderen campen in relativer Sichtweite und Jens hat trotzdem seine versteckte Düne. Und es gibt ein Schiffswrack, was recht fotogen aussieht. Diese Nacht verläuft ohne Komplikationen, obwohl meine Matte immer noch ein Loch hat.

Die Fahrt nach Dakhla ist ereignislos, wird aber hin und wieder durch schöne Täler und Hügel abgelöst, die immer wieder zu einem Fotostopp einladen.

  

Kurz vor der Stadt kommt noch eine Polizeikontrolle. Früher war ein Stopp in Dakhla obligatorisch, weil hier die Konvois nach Mauretanien zusammengestellt wurden. Wir könnten die Stadt auch links liegen lassen, weil es keine Konvois mehr gibt, aber ich habe mal wieder Lust auf eine Dusche.

Wir steuern gleich den ersten Campingplatz an. Er ist relativ sauber und wir nehmen ein Zimmer, etwas muffig zwar -  aber mit drei Matten.

Die Stadt ist ganz nett, so weit ab in der Westsahara hätte ich das nicht unbedingt erwartet. Stefanie macht sich mit dem Fahrrad auf und Jens und ich nehmen das Auto. Jens will neue Reifen aufziehen, die wir für ihn auf dem Dach hierher transportierten. Bei der Gelegenheit hatte ich meinen ersten und zum Glück auch einzigen Absturz vom Autodach, der aber glimpflich ablief - trotzdem aber sehr schmerzhaft war.

Mit den Reifen im Wagen suchen wir einen Reifenservice mit Kompressor. In einer Tankstelle gibt es zwar Kompressoren, aber es fehlt immer ein entscheidendes Teil. Wir werden aber trotzdem fündig.

Auf dem Weg in die Stadt ist wieder eine der hier sehr beliebten Polizeikontrollen - man muss ja seine Beamten irgendwie beschäftigen. Diesmal fällt einem Polizisten auf, dass ich den Wagen zwar fahre, aber die Papiere auf Stefanie ausgestellt sind. Ich versabbel mich, als ich behaupte, sie wäre auf dem Campingplatz und als der Polizist meinte, ich solle sie holen, ihm mitteilen muss, dass Stefanie vor einer Stunde mit dem Fahrrad vorbeigefahren ist. Er tut so, als wenn er daraufhin den Fahrzeugbrief behalten will, bis die Eigentümerin persönlich kommt - gibt mir den Brief aber zurück. Gelangweilte Polizisten aller Länder ...

 

Ich habe mir vorher von Frederik, einem der vielen anderen Campingplatzbewohner, erklären lassen, wo in Dakhla ein Internet-Café ist. Dort wollen wir Stefanie treffen. Wir finden es nicht, fragen uns durch (u.a. einen Polizisten - die müssen ja auch etwas Nützliches können) und finden das falsche Internet-Café - es gibt also mindestens zwei. Nach einiger Zeit sind wir aber im Richtigen. Leider ist hier ein großer Andrang. So gehen wir erst einmal etwas essen. Diesmal Crêpes - echt lecker. Anschließend bekommen wir alle drei jeweils einen PC im Café und erledigen Post und ich schreibe einen Rundbrief. Ein Blick auf die History-Funktion des Web-Browsers verrät mir, das an meinem Gerät hauptsächlich Al-Kaida-Seiten aufgerufen werden.

Damit wir ohne Komplikationen an der Kontrolle vorbei zurück zum Camping-Platz kommen, nimmt Jens diesmal das Fahrrad. Kurz vor dem Ziel überholen wir ihn. Er schiebt das Rad - es ist ihm wohl zu gefährlich im dunkeln, so wie die Leute hier fahren.

  

Wir kommen mit Frederik, Annette und Carolin sowie dem Engländer David, einem Motorradfahrer, ins Gespräch. Wir haben alle das gleiche Ziel und beschließen gemeinsam  weiter zu reisen. 

Jens fährt etwas voraus, weil er noch seine alten Reifen im Sand vergraben will. Wer weiß, wofür er sie noch gebrauchen kann. Die Stelle hat er dann in sein GPS eingespeichert.

Die Strasse verläuft einspurig. Bei Gegenverkehr muss man gucken, wer ausweicht. Dies ist aber nicht von Dauer - bald wird sie wieder der gewohnte Highway durch Marokko. Parallel zur Straße läuft eine einsame Hochspannungsleitung entlang und die meiste Zeit funktioniert das Mobil-Telefon.

Irgendwo am Straßenrand - unter einem selbstgebauten Sonnensegel - campieren zwei Radfahrer in der prallen Sonne und außer uns fahren nur noch einige französische Autoschieber im Konvoi auf der Strasse. An der ersten Tankstelle fahren sie immer paarweise an die Zapfsäule und wieder weg. Es sieht aus wie ein  Ballett.

Die Landschaft ändert sich ständig und bietet recht skurrile Felsformationen. So gibt es Hügel, die aussehen, wie verrosteter Stahl im Endstadium mit kleinen Steintürmchen als Markierungen drauf.

Einmal halten wir an der Steilküste und springen ins Meer - geil.

Die Grenze ist erst kaum wahrzunehmen. Plötzlich ein Stoppschild. Wir halten auch brav aber niemand kommt. Wir fahren eigenmächtig weiter. Etwas später kommt der richtige Kontrollposten, auch bekannt unter dem Namen „le poubelle“, die Mülltonne. Hier haben schon so manche Autoschieber campieren müssen. Jens und David fahren durch, weil sich keiner um sie kümmern wollte und werden von den Grenzern mit einem Auto verfolgt und zurückgepfiffen. Dafür kriegt ein Grenzer was aufs Dach, weil er das nicht rechtzeitig gemerkt hat und der feixt sich darauf hin einen. So sind alle gut drauf - lassen sich aber trotzdem viel Zeit - und Jens und David werden nur ein bisschen formal zusammengefaltet.

Bei der Kontrolle kann David seine Einfuhrbescheinigung für sein Motorrad nicht finden. Er durchsucht sein gesamtes Gepäck. Da er es nicht findet, darf er nicht weiterfahren und muss sich in Dakhla ein Ersatzdokument holen. Schade um ihn, er ist supernett und ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Wir hoffen dass er uns zu einem späteren Zeitpunkt einholt.

 

 

 

 

 

Mauretanien

 

Nach der Zollkontrolle kommt noch ein Grenzpolizeiposten, wo wir Ausreisestempel in den Pass bekommen.

Die endgültige Ausreise findet aber erst 500m später an einem gemeinsamen Grenzpolizei- und Zollposten statt. Bis hierher sind vorher unsere Biker gekommen. Sie dachten tatsächlich, sie wären bereits in Mauretanien und erzählten es allen - tja, Jungs, das war wohl nichts.

Direkt danach hört die gute Straße schlagartig auf und ist bis zum ersten mauretanischen Grenzposten in üblem Zustand. Uns ist sehr mulmig. Wir bewegen uns in einem Landminengebiet - ein Relikt aus den Unabhängigkeitskämpfen.

Hier liegen Minen von Marokkanern, Mauretaniern und der Polisario munter durcheinander und keiner weiß mehr genau wo. Als sicher gilt nur die Strasse selbst.

Es ist bereits spät. Der Kontrollposten besteht aus einer flachen, aus groben Steinen gebauten Hütte mit einem verrosteten Wellblechdach. Löcher wurden notdürftig mit Planen abgedeckt und als Beleuchtung dienen zwei schummerige Kerzen. Das Ganze erinnert eher an ein Krippenspiel als an eine Grenzkontrolle.

Die Grenzer können kaum noch etwas erkennen und meinen, wir könnten sowieso im dunkeln nicht weiter. Wir müssten an Ort und Stelle übernachten. Wenn wir mal aufs Klo müßten, sollten wir einfach über die nächste Düne gehen. So machen sie also ihre Scherze mit uns armen Touristen. In Wirklichkeit traut sich niemand mehr als einen Meter abseits der Strasse zu gehen.

Mittlerweile sind auch die französischen Autoschieber angekommen. Sie mieten sich einen Führer und brettern durch. Uns ist das aber im dunkeln zu gefährlich.

So richten wir uns ein auf dem wohl skurrilsten Zeltplatz unseres Lebens. Direkt neben dem Lagerfeuer der Grenzposten parken wir die Fahrzeuge und rollen unsere Schlafsäcke unter freiem Himmel aus. Über uns klarer Sternenhimmel und um uns herum Minen. Zum Pinkeln gehen wir hinter die Autos.

In der Ferne hören wir das Dröhnen eines Erzzuges, einem der längsten Züge der Welt.

Später kommen noch andere Grenzerkollegen vom Zollkontrollposten. Sie sitzen alle friedlich in der kleinen Hütte bei Kerzenschein und beten gemeinsam. Später schiebt ein einzelner Grenzer draußen Wache, wobei er den Koran rauf und runter singt. Hier finde ich so etwas ausnahmsweise mal sehr hübsch.

Gleich morgens starten wir als erste zum nächsten Posten, der Zollkontrolle. Die Formalitäten gehen vergleichsweise schnell, der Ort wäre mir aber zu dreckig zum Übernachten. Allerdings wäre hier mehr Platz gewesen.

Frederik ist die Strecke bereits im Sommer gefahren und sucht die richtige Piste. Wir müssen eine alte spanische Teerstraße finden, die uns sicher durch das Minengebiet führt. Nach ein bisschen Rumgekurve und ein paar Erkundigungen finden wir die richtige Piste. Ohne die Hilfe von Einheimischen hätten wir den Anschluss nie gefunden. Jetzt taucht auch die alte Teerstraße auf. Es ist eine sehr kaputte, grobe und schmale Straße mit einer Unzahl von Löchern. Sie ist eigentlich überhaupt nicht mehr richtig befahrbar. Mir tut zum ersten mal unser Auto leid. Manchmal verschwindet die Straße und wird zu einer Weichsandpiste. Ich fahre mich auch gleich fest. Erst haben wir etwas Probleme den Allrad zuzuschalten, irgendwann aber geht‘s. Frederik gibt mir einige Tipps, wie man im Sand fahren muss und nach dem dritten mal habe ich es kapiert. Einmal begräbt eine große Sanddüne die Teerstraße unter sich. Annette klettert rauf, um den weiteren Verlauf zu erkunden. Jetzt geht nur noch: Möglichst viel Anlauf, volle Pulle, egal wie schlecht die Straße ist und rauf auf die Düne, harte Linkskurve und wieder den alten Straßenverlauf treffen. Es klappt und ich bin ganz stolz. An einigen Stellen verschwindet die Straße wieder und nur eine Vielzahl von Autospuren deutet auf den richtigen - oder angenommenen - Straßenverlauf hin. Es ist schon ein Scheißgefühl aber es heißt auch Vertrauen zu haben, schließlich liegt zumindest hier kein Autowrack. An anderer Stelle natürlich schon. Jens ist mal wieder voraus gefahren, verfährt sich prompt und taucht erst viel später in Nouâdhibou wieder auf. Als wir den Bahnübergang de Erzbahn erreichen, mache ich drei Kreuze, weil wir das Minenfeld hinter uns haben und ich glaube alle sind irgendwie erleichtert - obwohl wir uns natürlich Sorgen um Jens machen.

Trotzdem bringt Allradfahren tierisch Spaß.

Nouâdhibou ist nicht schön, die Leute fahren wie die Bekloppten und es scheint ein Gesetz zu geben, was den Betreibern von Eselskarren verbietet, am, allerdings unbefestigten, Straßenrand zu fahren. Also hat man dauernd einen Eselskarren vor der Nase, den man mal links mal rechts überholen muss. Die Karrenfahrer fahren, stur wie ihre Esel, auf der Strasse weiter. Irgendwann scheppert es gewaltig und ein Mercedes-Taxi fährt Frederik auf die Anhängerkupplung. Die Vorderfront inklusive Kühler sind kaputt. Es gibt einen richtigen Menschenauflauf - alle reden aufgeregt durcheinander aber es passiert nichts weiter. Irgendwann hat Frederik das Gefühl, dass sich niemand für ihn interessiert und fährt weiter. An seinem Mitsubishi ist sowieso nichts zu sehen.

Wir finden endlich die Nationalparkverwaltung - wegen des Eintritts und der Durchfahrt durch den „Parc National du Banc d’Arguin“, einem der wichtigsten Zugvögelrastplätze auf der Strecke nach Nouakchott. Außerdem brauchen wir eine Versicherung für Mauretanien. Während wir so stehen und Stefanie die Formalitäten erledigt warte ich am Wagen. Jetzt tauchen laufend Leute auf, die sich als Führer andienen oder uns einen Campingplatz zeigen wollen. Einmal taucht sogar ein fürchterlich stotternder Junge auf um uns zu einem Camping zu führen. Er kämpft wirklich mit dem Sprechen und es tut mir richtig weh.

Manche Führer kommen uns sogar mit Taxis hinterhergefahren. Da wir ja Frederik und 2 GPS-Systeme dabei haben, wollen wir aber darauf verzichten. Inzwischen ist nämlich auch Jens aufgetaucht und erledigt seine Formalitäten.

So schnell es geht fahren wir wieder aus Nouâdhibou raus. Jens hat irgendwo sein Nummernschild verloren und will es tatsächlich suchen fahren. Er läßt es dann aber und macht sich später eins aus Pappe und Klebeband.

Entlang der Erzbahn führt die Piste in Richtung Wüste. Frederik biegt einmal rechts rein und fährt querfeldein. Dies wird er in Zukunft öfter tun. Er hat nämlich GPS und damit ignoriert man einfach Hindernisse wie z.B. Sanddünen. In diesem Fall sucht er einen akzeptablen Platz zum Campieren und fährt sich zuerst einmal gnadenlos in den Sand. Ich fahre prompt hinterher - aber nicht ganz so tief - und wir benutzen das erste und einzige mal unsere Sandbleche. Nach einiger Mühe sind beide Autos wieder frei.

 

Der Platz ist sonst sehr schön, bis auf die Unzahl von Fliegen am nächsten Morgen. Die nerven total und unsere Abfahrt gleicht einer Flucht. Die nächste Etappe führt eher querfeldein. Das GPS gibt die Richtung an - und wir wundern uns, warum wir stets neue Wege erfinden, obwohl es bereits Fahrspuren in ähnliche Richtungen gibt, was auf eine Strasse hinweist. Ich mach darüber Witze, und frage Frederik, ob er sein GPS eigentlich richtig herum hält. Nach der Himmelsrichtung zu urteilen fahren wir bestimmt schon längst in Mali ;-)

Zum Abend hin wird die Piste richtig breit, tausend spuren vereinen sich und wir können mit hoher Geschwindigkeit durch die Wüste brettern. Wir sehen auch eine Menge PKW ohne Allrad von Autoschiebern, die mit mindestens 100 km/h vorbeifliegen. Hin und wieder weist uns ein Graffiti eines Deutschen auf das nächste verfügbare Bier im Senegal hin.

In der Ferne taucht eine Silhouette einer kleinen Stadt auf. Alles moderne, eckige Gebäude. Sobald wir näher herankommen, entpuppt sich die Stadt als ein Dorf aus Pappkartons, Wellblechhütten und verrosteten Containern. Die heiße Luft spielt uns so manchen Streich.

Es ist das kleine, arme Fischerdorf Ten Alloul, wo der Nationalparkeintritt kontrolliert wird. Das wollte sich Frederik eigentlich sparen, aber sein GPS hat ihn gnadenlos vor die Tür des Nationalparks geführt - dumm gelaufen. Der Wächter weist uns darauf hin, dass wegen der Vögel das Zelten im Park verboten ist. Mit dem Auto querfeldein durchbrettern ist dagegen erlaubt. Diesen Treppenwitz im Hinterkopf suchen wir uns eine schöne Stelle zum campen. Wir sehen aber zu, dass uns kein Wächter sieht. Bei jedem in der Ferne vorbeifahrenden Auto löschen wir schnell die Lichter. Frederik hat übrigens ein Bremsenproblem und bastelt munter drauflos. So richtig bekommt er es aber nicht hin, aber das macht hier nichts.

Am nächsten Tag queren wir, natürlich abseits aller Wege, noch einen Dünengürtel - rauf und runter ohne steckenzubleiben und landen heil in der nächsten Pappkartonsiedlung, dem Dorf Nouâmghâr, wo schon einige Autos am Strand auf die einsetzende Ebbe warten.

Wir werden von Kindern belagert. Sie sind sehr aufdringlich und nerven fürchterlich..

Da ich wenig geneigt bin, Stefanies Auto in den Atlantik zu setzen, verzichte ich aufs Fahren. Ich mag sowieso nicht so gerne einen Beifahrer, der alle Manöver kritisch beobachtet und hier ist mir das zu haarig.

Die Fahrt am Strand muss schnell gehen, weil uns nur die Zeit der Ebbe zur Verfügung steht und man  genau den harten, feuchten, befahrbaren Bereich treffen muss. Sonst bleibt man entweder im Sand stecken und landet im Wasser. Bei Flut wird die „Straße“ wieder vom Meer überspült. Es geht vorbei an Fischerdörfern und -booten und einer vollkommen unsinnigen Polizeikontrolle, die wir nervös auf dem Lenkrad trommelnd, hinter uns bringen. Hin und wieder versperren Fischerboote oder Felsen den Weg und man muss sich aussuchen, an welcher Seite man besser vorbeikommt. Außerdem müssen noch Felsen wasserseitig umschifft werden. Da muss man schon gut zielen, sonst landet man als Wellenbrecher im  Wasser. Frederik nimmt einen Felsen zum falschen Zeitpunkt und duscht sein Auto. Stefanie schafft es fast trocken.

Glücklich in Nouakchott angekommen, sitzen wir ersteinmal am Strand fest - sofort kommen Leute zum Schieben. Es gibt einfach keine reguläre Abfahrt und man muss schon den weiteren Strassenverlauf kennen. Wir landen dann aber wohlbehalten auf dem Campingplatz „Tergit Vacanes“, keine 50m weiter. Wir mieten uns zwei Hütten und suchen das nahebei liegende Hotel Sabeh auf. Nach den Informationen in meinem Reiseführer soll es hier Bier geben. Fehlanzeige. wir essen trotzdem ganz gut und teuer und verlassen bierdurstig das neu gebaute Hotel - weiß der Teufel, woher der alte Reiseführer das Hotel kannte und woher die Bierinformation kam. Da hatte wohl einer seherische Fähigkeiten. Interessant ist dann noch die Anreise stinkreicher Saudis mit Hofstaat - sehr feudal - und einer Reihe Falken, die in Katzencontainern transportiert wurden. Was immer die hier jagen wollen. Die vielen Katzen machen jedenfalls einen großen Bogen.

Am nächsten Tag fahre ich mit Jens im Auto in die Stadt. Luft tanken für die Reifen, Geld wechseln etc. Die Fahrt ist schon ein Erlebnis für sich. Die Mauretanier sind grottenschlechte Autofahrer und fahren einfach drauflos. Ein paar, völlig überforderte, Polizisten versuchen zwar etwas Ordnung in das Chaos zu bekommen, aber sie scheitern alle kläglich.

Da hilft nur: Augen zu und durch.

Jens muss noch zur Botschaft Er hat ja sein Nummernschild verloren und hätte gerne eine Bestätigung, dass er mal eines hatte. Bei der Botschaft werden wir sicherheitsmäßig richtig eingeschleust, allerdings ohne genaue Visitation. Das deutsche Personal läuft hier übrigens recht leger herum, während die einheimischen Mitarbeiter einen korrekten, leichten grauen Anzug mit Bundesadler am Arm tragen. Ein Botschaftsangehöriger versucht sich an Jens Problem, indem er ersteinmal sagt, er kann nix tun. Nachdem ihm Jens erklärt hatte, das er nur ein Schreiben wollte, dass er sein Nummernschild verlorenen hat, falls irgendwelche  Polizisten danach fragen. sagt er natürlich mit Recht, dass er so etwas nicht schreiben könne. Er war ja schließlich nicht dabei. Er erklärte sich aber bereit, ein Schreiben aufzusetzen, dass zum Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer 12345 normalerweise ein Nummernschild xyz gehört. Es verläuft alles etwas zäh, aber nach dem dritten Versuch wegen Schreibfehlern und der fehlenden englischsprachigen Variante, hat Jens das Schreiben endlich bekommen - zusammen mit dem wirklich wertvollen Tip, sich einfach irgendein neues Schild machen zu lassen. Schließlich weiß hier sowieso niemand, wie ein deutsches Nummernschild aussieht. Die Wegbeschreibung zu einer „Boutique de Plaque“ stimmt genau und Jens bekommt ein „Kennzeichen à la mauretanie“ - blaue Schrift auf weißem Grund - sehr hübsch.

Wir organisieren noch das eine und das andere. Ich stehe noch etwas in der Schlange der Western Union beim Geldtauschen und surfen noch etwas in einem der vielen Internet-Cafés. Nach einigem hin- und her finden wir noch das Novotel namens Monotel und fragen dort nach Bier - extrem teuer.

Also heute wieder kein Bier. Am Campingplatz angekommen treffen Frederik und die Mädels ein. Dabei ist Christine, die hier lebt und die uns abends zum Glühwein einlädt. Die Idee ist natürlich ziemlich krass, aber schließlich steht Weihnachten vor der Tür.

Gesagt getan und schnell gefunden sitzen wir abends in der Stadt bei einem deutschen Brunnenbauer und seiner Frau, die sich für meinen Geschmack etwas zu viel Sorgen um den deutschen Lebensstil in Mauretanien macht. Da der Grenzübertritt in den Senegal mit vielen Formalitäten mit sehr viel Rennereien und Wartereien verbunden ist,  verrät sie Stefanie den Kontakt zu einem Mauretanier in Rosso, der Grenzstadt zum Senegal, der alles gegen Entgelt für uns erledigt und uns quasi inkognito in den Senegal bringt. Dies wird in Rosso von vielen Leuten angeboten. Wir werden aber telefonisch avisiert und erwartet. Das erspart uns dann auch Nervereien mit den vielen willigen „Helfern“ vor Ort.

Trotzdem bin ich dann froh, abends wieder auf dem Campingplatz zu sein. Wir  bezahlen noch unsere Hütten und nehmen zumindest akustisch an einer Hochzeit teil, die unter einem riesigen Beduinenzelt auf dem Campingplatz stattfindet. Hier glauben wir die Saudis  von gestern wiederzuerkennen. Alles ist voller Autos und Menschen und sehr laut. Außerdem wird wegen der Menschenmenge überall hingepinkelt - trotzdem kann ich, dank Lärmstopp - 30m weiter - ganz gut schlafen.

Da wir ja nun eine Verabredung in Rosso haben, fahren wir morgens früh los. Ohne Umweg erreichen wir die Stadtgrenze. Die Straße ist bis auf wenige Ausnahmen sehr gut und wir kommen schnell voran. Am Strassenrand liegen viele Rinderkadaver in allen Verwesungsphasen, die wohl mit dem verkehrsmäßigen Fortschritt nicht mithalten konnten. Die Landschaft wechselt jetzt sehr kurzfristig und oft. Es gibt allerhand Kontrollen. Ein Polizist erbittet tatsächlich gezielt einen gelben Stoffelefanten als cadeau. Da wir den Leuten hier einfach unterstellen, dass sie Kinder haben, halten wir stets ein neues Stofftier gut sichtbar im Auto bereit. Das ist billiger als Geld, was natürlich viel lieber als Wegezoll genommen wird. 

In Rosso werden wir von einem Gehilfen von Mr Bâh, einem reichlich schlecht gelaunten Mauretanier, in Empfang genommen, der uns kreuz und quer durch Rosso schickt. Irgendwann werden wir ihm himself ansichtig und heizen wieder  kreuz und quer durch Rosso. Schließlich, da die Fähre eine laaange Mittagspause macht, dürfen wir dann stundenlang in einem Café warten. Unsere Pässe und Papiere sind quasi in unserem Auftrag unterwegs und wir sitzen so herum.

Irgendwann  kommt Mr. Bâh wieder und lotst uns zur Fähre. Diese Art Führer sind imstande dem Zöllner zu sagen, wer abgefertigt wird oder nicht oder wer welchen Platz auf der Fähre bekommt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Senegal und Gambia

  

Wir setzen problemlos und schnell über und drüben will er dann Geld - richtig Geld, natürlich nur als cadeau. Genervt fahren wir ab - bloß raus aus Rosso. Wir sind jetzt im Senegal und die Straße wird sofort schlecht und schlaglöchrig. Zum Glück dauert das nur bis wir die Hauptstraße nach St.Louis erreichen. Bis St.Louis. werden wir noch einige Stofftiere als cadeau los. Ein Polizist schiebt verschämt einen großen rosa Hasen in seine Uniformhose und sein Kollege lacht sich schlapp .In St.Louis ist viel los.

Wir fahren am Markt entlang, queren eine Brücke, die von Herrn Eiffel himself konstruiert wurde und stehen vor der einzigen Ampel, die ich fast übersehe. Nach einer weiteren Brücke landen wir auf der Landzunge „Langue de Barbarie“, wo die Fischer leben - natürlich direkt am Meer.

Ich fahre eine Einbahnstraße in der  falschen Richtung. Jetzt wissen jedenfalls alle, dass wir da sind.

Wir finden einen Campingplatz - und wir finden „La Gazelle“ - das populärste Bier im Senegal.

Wie Junkies auf Entzug langen wir fürchterlich zu und ich bekomme prompt einen Megakater und liege den nächsten Vormittag extrem flach. Ach ja: Vorher kommen wir noch interessant mit Richard aus England und Larry aus Denmark ins Gespräch. Beide machen so etwas ähnliches wie ich, nur mit anderem Zeitplan. Vielleicht treffe ich den einen oder anderen wieder.

Erst am Nachmittag geht es bei mir wieder. Ich gehe mit Stefanie in die Stadt. Wir nehmen den Weg am Strand entlang, vorbei an einigen Fischern, die mit der Angel angeln, vorbei an Pirogen und den Plätzen, wo  der gefangene Fisch weiterverarbeitet wird. Hier spielen viele Jungs Fußball - seit der letzten WM sind sie recht übermütig - oder halten Maulaffen feil. Die hiesigen Mädchen dürfen natürlich ordentlich schuften.

Wir sehen zu, dass wir in die Stadt kommen, da wir dauernd durch Fußballfelder laufen und die Jungs recht aufdringlich sind. Zwischen den Häusern der „locals“ hören wir wieder das altvertraute „Toubab“ und erreichen nach dem Überqueren einer Brücke den mittleren Teil von St.Louis. Hier gibt es Hotels, Banken und Internet-Cafés. Auf dem Festlandteil, nach Überqueren der berühmten Stahlbrücke, landen wir auf dem Markt und kaufen endlich Badelatschen, die sehr bequem und beim Duschen unabdingbar sind.

Nachdem ich im Internet meine pin für die Visacard rausgefischt habe, kann ich endlich an den Geldautomaten.

Der Rückweg findet später im Dunkeln ohne Nervereien der „locals“ statt.

Nachts habe ich dann wunderbar geschlafen.

Morgens früh geht es gleich weiter nach Dakar. Es gibt zwar die eine oder andere Polizeikontrolle, aber sie sind alles in allem recht nett und wollen kein Geld. Früher muss das mal richtig schlimm gewesen sein.

Nur einmal, irgendwo zwischen Thiès und Dakar, werden wir angehalten, weil wir angeblich eine weiße Linie überfahren haben - wie die tausend anderen Autofahrer auch. Er will tatsächlich, mit Hinweis auf die bevorstehenden Sylvesterparties, Geld. Wir bleiben stur und er gibt dann auch auf.

In Thiès erkenne ich eine Menge wieder. Nach zwei Jahren befinde ich mich auf bekanntem Terrain.

Da Jens noch sein Motorrad-Transportproblem zu lösen gedenkt ist unser Ziel der Flughafen Yoff bei Dakar, den wir auch über einen breiten Highway erreichen. Vorher pausieren wir noch in einem asiatischen Restaurant. In Yoff stellen wir unsere Fahrzeuge auf den kostenlosen Parkplatz und ich bleibe zurück, um Auto und Motorrad gegen die aufdringlichen Zugriffe von Platzeinweisern, Aufpassern und Wagenwaschern zu verteidigen.

Sofort werde ich von mehreren Jungs umringt und alle dringen auf mich ein, ich möge sie mit Waschen oder Aufpassen beauftragen.

Nach einigen sehr bösen Blicken lassen sie mich in Ruhe - das  ging besser als ich dachte - wäre auch schade, wenn es anders wäre. Als die anderen unverrichteter Dinge - weil niemand hier was genaues wußte - wiederkommen und wir abfahren, wollen einige trotzdem noch Geld haben - man kann es ja mal versuchen. Zumindest ist es sinnvoller, den nahen, kostenpflichtigen Parkplatz zu nehmen. Das ist stressfreier.

Wir fahren über den Highway zurück und suchen den Campingplatz in Rufisque. Der ist stillgelegt und so nehmen wir eine „Auberge“ gegenüber. Wir teilen uns ein Zimmer.

Mit Stefanie gehe ich noch in Richtung Strand. Sie braucht noch ein paar Blätter des, hier üppig wachsenden, Löffelkaktus als Zaun und Ziegenabweiser für ihr Grundstück in Kafountine. Der Weg durch den Ort ist ganz lustig, weil es hier wenig touristisch ist. Man wird weitestgehend in Frieden gelassen und man kann sich auch mal in Ruhe unterhalten. Stefanie ist ganz stolz auf eine Konversation ganz in Wolof.

Wir erstehen noch ein Paar Kleinigkeiten, darunter auch Zahnbürsten, weil Jens und ich unsere in St.Louis verloren haben. Da sie so schön sind, kauft sich Stefanie auch eine.

Die Nacht ist drückend heiß und unangenehm. Dauernd nerven Mosquitos und anderes Beißzeugs. Da mich die Viecher besonders mögen, sehe ich auch entsprechend aus.

Es ist der 23.12. Wir haben uns einiges vorgenommen und fahren früh los. Wir entscheiden uns - leider - für die Route über Mbour nach Kaolack, weil einige interessante Dinge zu sehen sind. Dort wollen wir dann, die Route kennen wir bereits von einer gemeinsamen Radtour, nach Gambia.

Die Straße ist fies. Immer dann, wenn man sich in Sicherheit wähnt, tauchen plötzlich unvermittelt Löcher auf, denen man nur schwer ausweichen kann. Das ist absolut stressig, da man sich sehr konzentrieren muss. Wann bauen sie im Senegal endlich mal vernünftige Straßen? In Mbour fahre ich kurz für eine Pause an den Straßenrand, als Jens an uns vorbeifährt, ohne uns zu sehen. Da er den Streckenverlauf überhaupt nicht kennt und er auch noch den falschen Weg einschlägt, müssen wir ihn mühsam einholen.

In Kaolack, der ungeliebten, weil unangenehmen, Stadt machen wir eine richtige Pause - dauernd unsere Fahrzeuge im Augenwinkel beobachtend.

Die Strasse nach Tobacouta hatte ich besser in Erinnerung. Sie beginnt schrecklich. Ich kann den Schlaglöchern schlecht ausweichen, weil ich gar nicht abschätzen kann, wie breit der Wagen ist. Ich übergebe das Lenkrad an Stefanie, die kommt damit viel besser zurecht. Nach einigen Kilometern fahren wir plötzlich auf superneuer, sahnemäßiger Straße - lochfrei. Pech gehabt. Ich hatte dieses Stück noch als mörderische Sandpiste in Erinnerung. Jetzt ist es regelrecht langweilig.

Der Grenzübertritt nach Gambia geht so halbwegs, obwohl Jens tatsächlich mal wieder an einem unübersehbaren Polizeiposten vorbeifährt.

Während Stefanie die Formalitäten erledigt, warte ich in der Affenhitze im Wagen. Dieser wird belagert von vielen Kindern, die nach Bonbons, Geld  und Geschenken betteln, und Geldwechslern, die alle eine „better rate“ versprechen. Da dies auf beiden Seiten der Grenze so ist, bin ich froh, als wir endlich in Gambia drin sind. Wenigstens ist hier die Straße wieder richtig schlecht.

Am Fährhafen Barra wird es dann wieder richtig heftig. Wir werden von allen möglichen Jungen umringt, die uns alle mehr oder weniger aggressiv ihre Hilfe für die Überfahrt anbieten. Sie akzeptieren es nicht, dass man es auch alleine kann, weil der Markt offenbar hart umkämpft ist. Gambia ist hoffnungslos überbevölkert mit Unmengen von Kindern, die meistens niemals einen Job bekommen werden. Die Schulen werden schon in zwei Tagesschichten genutzt. Das erklärt vielleicht ein bisschen. 

Der Polizeiposten guckt nur kurz auf unsere Pässe und schickt uns gleich wieder weg, da wir ein Extra-Ticket für das Auto brauchen. Dafür müssen wir dann auch einen der Jungen mitnehmen, da angeblich nur er den Weg kennt. Am Ortseingang gegenüber einem Schneiderladen auf der linken Seite sitzen dann ein paar kiffende locals neben einer Autowaage, die sie aber selten benutzen, und machen fix das Ticket fertig.

Für Passagiere und Motorräder müssen wir die Karten am normalen Schalter am Hafen kaufen - auch hier ist natürlich Stress, weil jeder Dein guide sein will und alle durcheinander brüllen. Man muss sich den Weg zum Schalter regelrecht frei boxen - als ob ich eine popelige Fahrkarte nicht selber kaufen kann.

Als weitere Dienstleistung verkaufen die boys dann noch Getränke, um die Wartezeit zu verkürzen.

Es ist ca. 17.00 Uhr und die Fähre ist noch nicht fertig beladen. Ein Fährangestellter fragt noch frech, was wir ihm geben würden, wenn wir noch mit rauf kämen. Wir lassen ihn abblitzen, da auf dem Kahn eh kein Platz mehr ist. Also müssen wir in der Hitze auf die 18.00 Uhr-Fähre warten. Den Boy, den man uns aufs Auge gedrückt hat, werden wir nur mühsam wieder los.

Die 18.00-Fähre heißt natürlich nur deshalb so, weil sie drüben um 18.00 erst ankommt. Unsere Fähre wird also zur 20.00-Fähre, pro Überquerung eine Stunde. Mit den Uhrzeiten ist das so eine Sache. Irgendwann kommt die Fähre und eine riesige Menschenmasse ergießt sich an unserem Wagen vorbei.

Wir werden als erste raufgeschickt und bekommen einen Platz in der Mitte am Bug. Da diese Fähre nur noch eine Richtung beherrscht wird das später dann zum Heck.

Rechts und links werden dann noch zwei weitere Autos rein gequetscht, so dass bei keinem mehr die Türen aufgehen. Einem kleinen Lada kostet das einen Blinker. Zum Glück ist am Isuzu nichts zu sehen. Stefanie kommt dafür aus dem Auto nicht mehr raus.

Im Dunkeln, bei klarem Sternenhimmel geht es über den Gambia-Fluß und anschließend bei saumäßiger Sicht, da auf der Windschutzscheibe ein Schmierfilm ist, nach Sukuta, wo wir auf dem Sukuta-Camping, bei Claudia und Joe, unsrer erstes gambisches Bier und ein tolles Zimmer bekommen.

Dieser Platz wird hauptsächlich von Leuten frequentiert, die schon mindestens mehrmals per Auto von Europa gekommen sind. Hier gibt es auch einen gut organisierten Autohandel. Wir sind zwar total stolz auf unsere Leistung der letzten Wochen, aber neben den Leuten hier sind wir ganz klein.

Zum Frühstück gibt es nach sooo langer Zeit ein Ei. Allerdings schmeckt es stark nach Fisch.

Es ist Heiligabend und wir machen uns ganz gemütlich auf die letzte Etappe nach Kafountine. Auf der Brikama-Road ist ein Stromkabel gerissen und hängt mit einigen anderen quer über der Straße. Einige Leute versuchen die Reste über die fahrenden Autos hinweg zu heben. Ich glaube, wir mit unserem Dachgepäckträger, geben ihm endgültig den Rest.

Die Strassen in Gambia sind teilweise recht neu. Das Stück zur Grenze mit seinen ganzen deutschen Kindergärten allerdings ist eine Katastrophe. Damit kann nur noch der Senegal mithalten.

Der Grenzübertritt ist mal wieder hektisch und mit einiger Lauferei verbunden. Doch wir schaffen es, heil wieder in den Senegal zu kommen. Der Senegal beginnt hier natürlich mit Schlaglöchern. In Diouloulou ist noch eine weitere Fahrzeugkontrolle und bei „chez Miriam“, einem Campement treffen wir die aktuelle Fahrradtruppe - Stefanie ist glücklich ;-).

 Die Straße nach Kafountine ist  ausnahmsweise in saugutem Zustand - hier wurde ebenso ausnahmsweise in Infrastruktur investiert. An einigen Streckenteilen stehen jeweils in Sichtweite Soldaten zur Sicherung, da es hier in letzter Zeit brutale Überfälle von Banditen gegeben hat.

In Kafountine ist eine letzte Fahrzeugkontrolle. Wir durchqueren den Ort und steuern direkt Stefanies Grundstück an. Um keine Begehrlichkeiten zu wecken, haben Stefanie und ich beschlossen, dass ich durch den Ort fahre. Sonst denken alle, sie sei superreich.

Erst muss allerdings noch eine Einfahrt freigelegt werden und dann kann ich mir einen Weg zum Haus bahnen. Jens wird mit seinen schweren Motorradstiefeln vorausgeschickt um Schlangen und andere ungebetene Gäste zu verscheuchen - nach einigen Minuten erschrickt er selbst vor einer kleinen Maus.

Sogar eine Buschratte, was gar keine richtige Ratte ist und ganz possierlich aussieht, sucht das Weite.  Anschließend laden wir den Wagen - endgültig - aus.

Nach und nach kommen Nachbarn und andere Bekannte um uns zu begrüßen und/oder uns nur bei der Arbeit zuzusehen. Das Letztere wirkt aber eher komisch.

Bei „Mama Afrika“, einem Restaurant ähnlichen Namens, essen und trinken wir noch etwas und erledigen gegenüber im „Telecentre“ die wichtigen Weihnachtstelefonate.

Abends gibt es dann ein super Weihnachtsbuffet bei René im Campement „A la nature“, direkt am Strand, wobei der Restaurantbereich innerhalb im halbdunkeln liegt. Wir können kaum unseren Tisch erkennen.

Die Fahrradtruppe ist natürlich auch schon da und es gibt anregende Gespräche.

Wenigstens hier können wir so richtig protzen mit unserer Autotour durch die Wüste. Anschließend gibt es noch etwas Tanz, aber irgendwann bin ich reif fürs Zelt.

Die Nacht wird angenehm in meinem kleinen Zelt- nur der Mond strahlt frech in mein Gesicht.

Der erste Weihnachtsfeiertag besteht aus der provisorischen Konstruktion einer Freiluftdusche und eines Freiluftklos. Hin und wieder ist mal eine Ziege vom Gelände zu jagen - die kleinen Tierchen fressen nämlich alles was grün ist. Deswegen tragen alle wichtigen Pflanzen Manschetten aus Ästen oder Steinen, was ziemlich bescheuert aussieht aber wohl nicht anders geht. Eine Ziege findet nämlich garantiert das einzige Loch im Zaun.

Ansonsten gibt es endlich mal wieder Zeit zum Nichtstun. Es ist recht angenehm so im Schatten zu sitzen und mal wieder ein Buch zu lesen. Abends geht es wieder zu „Mama Afrika“.

Der zweite Weihnachtsfeiertag besteht aus dem Bau einer Toreinfahrt. Bisher müssen wir immer über eine Ladung Blech und Hölzer rüberklettern, um aufs Gelände zu kommen - jetzt gibt es ein Tor aus zusammengebundenen Hölzern. Wir nehmen nur Materialien, die da sind. Mal sehen, wann unser tolles Tor eine Fernbedienung bekommt.

Am 27. fahren wir nach Ziguinchor. Von meiner Fahrradtour hatte ich die Strecke noch als beinharte Piste in Erinnerung. Jetzt ist es ein neuer schlaglochfreier Highway, der hohe Geschwindigkeiten erlaubt - wahrscheinlich sehr zum Leidwesen der jeweiligen Dorfbewohner.

Auf dem Weg dorthin werden wir nicht einmal ernsthaft kontrolliert, wir wollen uns aber nicht darüber beschweren. Lediglich in Baila müssen wir unsere Papiere zeigen.

In Ziguinchor nehmen wir ein Zimmer im „Relais de Santhiaba“, einem mittlerweile sehr heruntergekommenen Campement, das ich von früher besser in Erinnerung hatte. Es hat aber eine sehr gute Küche.

Wir lernen einen Überlebenden des Joola-Unglücks kennen, vor dessen Augen seine Freundin im Meer versunken ist. Dieses Schiffsunglück liegt erst kurze Zeit zurück und prägt zur Zeit die ganze Region. Es gibt noch immer keine verlässlichen Informationen über die Anzahl der Opfer.

An verschiedenen Stellen in der Casamance und in Gambia sind Massengräber verteilt, da man die gefundenen Opfer kaum noch identifizieren konnte.

In Ziguinchor wollen wir noch etwas im Gericht erledigen und noch ein paar Dinge für das Haus einkaufen - es gibt noch eine Menge zu tun. Auch gibt es wieder Handyempfang und ein Internet-Café. Ich will noch Geld abheben. Der einzige Geldautomat, hinter der SGBS-Bank, in dieser Stadt ist mal wieder „en panne“, also kaputt.

In der ersten Bank, der CBAO, gegenüber dem Cyber-Café, wie man hier ein Internet-Café nennt, stürmen nach der Mittagspause viele Leute gleichzeitig durch die Tür und sammeln sich vor den drei vorhandenen Schaltern. Zuerst legen alle ihre Personalausweise oder Pässe vor das Durchreichloch der Schalter. Wenn sie glauben, dass es am anderen Schalter besser geht, ziehen sie mit flinken Fingern ihren Ausweis aus dem Stapel und legen ihn auf den Anderen. Das eine ums andere mal wird der Stapel auf diese Weise in sekundenschnelle abgebaut oder auch mal ganz auf den Boden geschmissen und gleich danach in der gleichen Zeit in anderer Reihenfolge hektisch wieder aufgebaut. Dies passiert am laufenden Band in atemberaubender Geschwindigkeit und ich komme mir vor wie beim Hütchenspiel. Die Sache mit den Ausweisen soll wohl die Wartereihenfolge dokumentieren - es ist aber eher ein Beleg für planloses Handeln, da noch nicht mal die eigenen Leute offenbar wissen, wo welches Geschäft getätigt werden soll.

Jedenfalls verstehe ich die Regeln nicht und außerdem geht es mir zu schnell. Ich gehe leicht genervt wieder hinaus. In der anderen Bank geht es zwar nicht schneller, dafür stehe ich von Anfang an in der richtigen und deutlich gekennzeichneten Schlange. Nach 1,5 Stunden kann ich endlich mit zwei Kreditkarten gleichzeitig Geld abheben. Das zeitaufwendige daran war, dass die Leitung zur Visa-Zentrale total langsam war  - Mastercard ging ratzfatz.

Abends essen wir im Relais lecker Pizza.

Am 28. treffen wir die Fahrradcombo (schon) wieder, als wir auf den Märkten mit dem Auto  shoppen waren. Hier eine Kloschüssel und eine Matratze, dort Scharniere, etwa Kabel, eine Schaufel, einen Mörser, Strohmatten - alles was man so im Haus gebrauchen kann. Mittags bekomme ich endlich in dem Haus der „Alliance Franco-Senegalese“ mein langersehntes Mafé, mein senegalesisches Leibgericht.

In Ziguinchor ist nicht so fürchterlich viel los. Also gehe ich wieder ins Internet-Café, obwohl ich hier auch meine eigene Mail mit dem Jornada nutzen kann, welches ich natürlich auch nutze. Den Abend verbringen wir wieder im Relais bei der leckeren Pizza, gemeinsam mit der Fahrradcombo.

Den nächsten Tag fahren wir bereits zurück, kaufen in Bignona noch eine Wasserpumpe zum Treten, die wir uns ausführlich vorführen lassen - und heizen - ohne ernsthafte Kontrollen - zurück nach Kafountine.

 

Am 30. versuchen wir uns daran, die Strohmatten unter das Dach zu nageln. Schon nach kurzer Zeit tut mir der Nacken weh. Es ist gar nicht so einfach, da das Dachgerüst aus steinhartem Palmholz besteht, in das man keinen Nagel reinhauen kann. Wir werden aber sowieso nicht fertig, weil es zu wenig Matten sind. Am Nachmittag taucht plötzlich Jens wieder auf. Er hat versucht in Banjul/Gambia sein Motorrad mit dem Flugzeug zu verschicken - es ist wohl komplizierter, als er sich vorgestellt hatte. So hat er sich entschlossen, Frederik in Nouakchott in Mauretanien zu treffen, um die Tour auf dem Landweg zurück anzutreten. Als Abschiedsessen gehen wir noch einmal Abends zu René. Die Nacht schlafe ich ziemlich schlecht und bin morgens entsprechend gut drauf.

Jens verlässt uns am Sylvestermorgen. Ich gebe ihm schon mal alle meine belichteten Filme mit.

Wir erwarten noch Khadim, den Maurer, der, zusammen mit Ismaela, dem Gärtner, den Fußboden im 2.Zimmer fertig machen soll. Die beiden wühlen so richtig herum, während wir uns auf die Fahrt nach Gambia vorbereiten, da heute das „passavant“ für den Senegal abläuft. Diese Genehmigung zur Durchfahrt bekommt man bei einem Grenzübertritt und erlaubt einem für eine bestimmte Anzahl von Tagen in einem Land zu fahren ohne Einfuhrzoll bezahlen zu müssen. Die Strecke ist immer noch fürchterlich und besteht immer noch nur aus Löchern - es ist wahnsinnig anstrengend zu fahren.

Da ich versuche, jedes Loch zu umschiffen, wird die Strecke doppelt so lang. Einige Kinder werfen, wenn wir vorbeifahren, etwas Sand auf ein paar Löcher und tun so, als ob sie diese aufgefüllt hätten. Dafür verlangen sie dann Geld. Das ist zwar löblich - sollten sie wirklich Löcher aufgefüllt haben - und doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Beim nächsten Regen sind die Löcher wieder da.

Auf dem Sukuta-Camping bei Joe und Claudia bin ich dann auch entsprechend fertig. Leider gibt es für uns noch kein Zimmer und so werden wir die Sylvesternacht in Zelten verbringen, die wir in weiser Voraussicht dabei haben.

Am Sylvesterabend treffen wir einige Europäer, die entweder vorübergehend oder auf Dauer hier wohnen, sich ein Haus bauen oder Entwicklungshilfe betreiben - wie in einer europäischen Kolonie. Alle haben aber eines gemeinsam. Es gibt immer irgendwas mit dem Personal und es scheint manchmal so, als wäre ihnen ein Afrika ohne Afrikaner lieber. Jedenfalls hört man die entsprechenden Sprüche und bestimmte Charakterzüge werden gleich ganzen Volksgruppen angedichtet. Wahrscheinlich tue ich den Leuten unrecht, aber es kommt genau so bei mir an. Es sind sicherlich die Themen, die sie beschäftigen, und über die man sich wohl austauschen muss. Trotzdem habe ich damit Probleme. Schließlich sind wir Europäer freiwillig hier und können uns jederzeit vom Acker machen. Die Afrikaner müssen hier bleiben. Dann kann man sie doch - bitte schön -so nehmen, wie sie sind.

Ansonsten war das Essen klasse und die Stimmung gut. Bereits kurz nach Jahreswechsel fallen die meisten ins Bett. In Afrika steht man eben früher auf und geht früher ins Bett.

Am 1.1. machen wir eine Tour auf einer wunderschönen Strecke nach Kartung. Vielleicht kann man später von dort per Piroge in die Casamance fahren. Stefanie sucht immer nach Alternativen für ihre Radtouren. Der „normale“ Grenzübergang nervt wirklich und ist ein riesiger Umweg. Außerdem wollen wir Mareike und Ray besuchen. Wir fahren die Straße bis zum Ende und landen bei einer Fischräucherei. Der Senegal liegt in Sichtweite.

Anschließend suchen wir noch ein Telecenter auf und machen die wichtigen zwei Gespräche zum Jahresbeginn. Danach besuchen wir Mareike und Ray auf ihrem Grundstück. Auch sie bauen sich ein Haus - gefällt mir.

Wir gucken auf dem Rückweg noch nach Batikstoffen als Bettwäsche, die aber kaum herunterhandelbar sind und landen dann abends wieder auf dem Sukuta-Camping.

Da mir einige Plätze der gestrigen Tour recht gut gefallen haben, nehme ich heute am 2.1. eines der Fahrräder und fahre die Straße Richtung Kartung zurück bis Ghanatown. Hier kann man gut an den Strand runter fahren. Die Bewohner sind gerade damit beschäftigt, eine große Piroge an Land zu ziehen. Das Fahrrad lässt sich gut am Strand schieben.

An einer Stelle fegt ein reichlich bekiffter Gambian-Beach-Boy den Strand  - na ja zumindest einen Teil. Er will hier ein Restaurant eröffnen und sein Inventar passt in eine kleine Einkaufstasche. Er heißt Salomon, ist sehr sympathisch und quatscht einen nicht gambia-

mäßig voll. Ein Stückchen später nimmt ein Volk Geier die Reste eines nicht mehr definierbaren Tieres auseinander. Zum Glück stinkt es nicht so - ich muss nämlich nah dran vorbei. Ein komisches Gefühl ist es natürlich schon, wenn über einem die Geier kreisen und ihre Schatten um Dich herum zu sehen sind.

Mit dem Rad fahre ich noch bis zur „hotel-area“. Dort gibt es Banken, Geldautomaten und Internet-Cafés. Von dort kehre ich erst einmal zurück.

Nachmittags, nach der Siesta fahren wir zusammen mir dem Wagen in die „Stadt“ zur „Julbrew“-Brauerei, wo das lokale Bier gebraut wird. Hier wird nicht nur das gambische Bier gebraut, sondern auch Guiness zusammen gemischt. Hier hoffen wir, auf Anregung von Joe vom Sukuta-Camping, einen Guiness-Sirup-Behälter zu erwerben, den Stefanie als Wasserspeicher einsetzen möchte. Es gibt zwar keinen, aber es werden Bestellungen entgegengenommen. Zumindest nutzen wir die Gelegenheit zum Möbel- und Baumaterialkauf.

Abends essen wir lecker und preiswert in einem etwas abseits gelegenen Restaurant in der hotel-area.

Das Fahrrad ist sehr gewöhnungsbedürftig. Mir schlafen dauernd die Finger ein (wer das Mountainbike erfunden hat, gehört erschlagen). Außerdemhat es eine kaputte Tretmechanik. Es fehlen sogar einige Zacken im hinteren Zahnkranz.

Ich entscheide mich, eine Werkstatt aufzusuchen. Es gibt da so einige an der Straße in Richtung „serrekunda market“. In einer Straßenwerkstatt versucht der Geselle, einer mit ohne Finger an einer Hand, mir zu erklären, dass ich mir eine neues „freewheel“ weiter unten kaufen müsste um es bei ihm einbauen lassen zu können. Ich versteh nur Bahnhof, fahre weiter, einen anderen Fahrradladen zu suchen. Irgendwann holt mich der Geselle ein, um mir zu sagen, dass er das Teil hätte, oder zumindest sein Chef, sein „teacher“, jetzt da wäre, um das „Lager“ zu öffnen. Das Lager ist eine Art Klappschrank an einem Baum das mit alten Fahrradteilen überquillt. Das Teil war natürlich nicht da und wir fahren dann gemeinsam zu einem Laden für Baumaterial. Hier gibt es das Teil, der Geselle sagt mir, wie viel ich maximal zahlen soll und der Preis stimmt. Anschließend wird das Fahrrad komplett überholt  - inklusive einer neuen Kette. Das ganze für 40 Dalasi Arbeitslohn, in der hiesigen Währung (24 Dalasi sind 1€). Stefanie macht sich allerdings ausschließlich darüber Sorgen, ob auch „vernünftiges“ Werkzeug benutzt wurde, was mich total nervt.

Auf dem Camping-Platz treffe ich Jens, aus Bremen, der mit eigenem Wagen unterwegs ist, und er spricht von Guinea, das sehr schön sein soll.

Sofort gucke ich wieder angestrengt in meine Reiseführer. Die Entscheidung fällt mir aber sehr leicht und am nächsten Morgen, nach kurzer Absprache mit Jens entscheide ich mich, Stefanie und eine eventuelle Radtour sausen zu lassen und am 6.1. mit Jens weiter nach Guinea (Conakry) zu fahren.

Eine letzte Nacht also noch in Kafountine. Inzwischen ist auch Stefanies Bruder eingetroffen. Kalle ist supernett - trotzdem sehe ich meine Zeit jetzt gekommen.

Außerdem geht es mir gerade nicht so gut - mein Magen-Darm-System bricht gerade zusammen. Bei „Mama-Africa“ mag ich sogar das Bier nicht mehr - ein schlechtes Zeichen.

Ich schaffe es im stockdunkeln gerade noch ohne Licht Stefanies Haus wieder zu finden und nicht mit dem Mangobaum zu kollidieren, meine Taschenlampe aus dem Rucksack zu pulen und ihr dann schließlich an den Zaun zu kotzen. 

Morgens ist dann mein Rucksack schnell gepackt und immer noch viel zu schwer.

Am 5.1. verlasse ich Stefanie endlich und endgültig. In Diouloulou, an der Hauptstrecke nach Gambia, ist das Ticket für das Buschtaxi am Markt schnell gekauft, ein Taxi mit einem, nämlich meinem, freien Platz steht bereit und nach kurzer Zeit brausen wir los.

Ich bin die Strecke nun schon selbst gefahren und deshalb über die Geschwindigkeit sehr erstaunt. Schlaglöcher werden einfach ignoriert und so sind wir in 25min an der Grenze. Trotzdem sind noch alle Knochen da. Als Ausländer wird man beim Grenzposten etwas sonderbehandelt. Die Daten aus dem Pass werden feinsäuberlich in ein Schreibheft abgeschrieben. Die Buschtaxi-Crew wartet derweil geduldig. Auf der gambischen Seite gibt es zum Abschreiben wenigstens ein richtiges Buch - dafür wird mein Rucksack durchsucht. Vielleicht sind in Erfrischungstüchern ja irgendwelche Drogen. Mein Wodka scheint ok zu sein.

Hier müssen wir außerdem das Taxi wechseln. Diesmal ist es ein Schrotthaufen mit Resten von Federung. An der Strecke passieren wir auf der linken Seite ein kleines Areal mit weißen Bäumen und abgegrenzten Rechtecken. Ein Mitreisender erklärt uns dies als eines der Massengräber für die Ertrunkenen der „Joola“. Hiervon gibt es einige in der Region.

Reichlich durchgeschüttelt erreichen wir „serrekunda-market“. Da ich magen-darm-mäßig etwas auf Komfort aus bin, gönne ich mir ab jetzt ein eigenes Taxi zum Sukuta-Camping. Als der Fahrer am Ziel vorbeifährt und er zurücksetzen muss, stellt sich heraus, dass er keinen Rückwärtsgang hat. Trotzdem bin ich schon um 14.00 Uhr am Ziel.

Bei Joe und Claudia bekomme ich ein Zimmer, leihe mir ein Fahrrad, fahre noch in die „hotel-area“ für Bank und Internet um dann am Abend zu versuchen, etwas warmes zu essen. Ich schaffe mal gerade einen halben Teller.

Morgens, auf dem Weg zum Zähneputzen, begegnet mir Larry aus Denmark, den ich von St.Louis her noch kenne. Er ist immer noch gemeinsam mit Richard unterwegs.

Jens kommt einen Tag später. Wir verabreden, am nächsten Tag zum Konsulat von Guinea-Conakry zu gehen - er scheint sich aber überhaupt nicht mehr sicher zu sein, ob er überhaupt fahren will.

Er macht sich Sorgen wegen den Versicherungen, dem „carnet de passage“ und einem kaputten Rücklicht.

Am Dienstag kommt er erst spät in Gang, so dass wir das Visum erst am Mittwoch bekommen. Schon haben wir einen Tag verloren. Am Mittwoch habe ich dann gesagt, dass ich spätestens am Donnerstag nach Ziguinchor fahre um von dort nach Guinea-Bissau zu wechseln - er müsse sich dann einen anderen Beifahrer suchen. Das hat dann gewirkt.

Am Mittwoch bin auf eigene Faust nach Banjul gefahren. Mir fehlen noch einige Malaria-Pillen, die hier billiger sind, und außerdem huscht man hier sonst nur so durch, ohne etwas zu sehen.

Das Visum war dann auch fertig. Nur ein „carnet de passage“ gibt es nicht. Der Konsul wollte aber ein anderes Formular handschriftlich ändern - der nächste Ärger mit der Polizei wäre dann schon vorprogrammiert. Jens meinte dann, nachdem ich wieder meinen Ziguinchor-Spruch abgelassen habe, er könnte vielleicht das richtige Formular in der Botschaft in Guinea-Bissau bekommen. Dorthin würde er dann mitkommen. Fast hätten wir noch in der Botschaft von Guinea-Bissau in Gambia das Visum bekommen, leider war schon zu.

Dafür sind wir kurz zum Fischereihafen, wo ein ganz erbärmlicher „bumpster“, so nennt man die Leute, die die Touristen abzocken, rumnervte. Bei mir klappt das Abzocken sogar - Lehrgeld. Bei Jens aber nicht, dafür hängt der Typ am Wagen und kriegt vor Wut regelrecht Schaum vor dem Mund.

Nachts werden wir auf dem Camping-Platz so richtig von Müllfeuern eingenebelt - die hier übliche Entsorgungsmethode, wobei jeglicher Müll vorher in Plastiktüten gepackt wird. wer frische Luft will, darf eben nicht nach Afrika fahren.

Am Donnerstag dann, endlich, kriegt Jens auch seine Versicherungen auf die Reihe und wir fahren endlich ab nach Ziguinchor.

Ziguinchor ist kein schöner Ort. Allerdings gibt es hier Banken, Internetcafés und Restaurants. Wir nächtigen im „Casafrica“ vis à vis dem „Relais Santhiaba“, dem Dreckloch vom letzten mal. Dieser Teil Ziguinchors ist ein einziger Schrottplatz mit der entsprechenden Lautstärke in Form von Hammerschlägen und Motor-Durchdrehen in den frühen Morgenstunden.

Nachts brüllen verschiedene Muezzine völlig laut und Durcheinander gleichzeitig los und reißen alle aus dem Schlaf. Damit man gar nicht auf die Idee kommt, sich auf die andere Seite zu drehen, fängt man plötzlich an, stundenlang laut zu singen. Man kann sich dem nirgends entziehen. Hier hilft nur - und auch nur bedingt - Lärmstopp. Richtigen und erholsamen Schlaf findet man hier nicht. Aber, wer schlafen will, der fährt eben nicht nach Afrika.

Das „Casafrica“ ist besser, ruhiger, unwesentlich teurer, dafür ohne Mosquitonetz und hält sich einen kleinen Affen an der Leine (in Sichtweite eines tollen Kletterbaumes). na, ja, wer tierlieb ist, sollte auch nicht nach Afrika fahren.

Abends gehen wir gemeinsam mit einem Mann aus Guinea-Bissau, dessen Namen ich leider vergessen habe, essen. Er war schon mal im Rahmen einer Ausbildung in germany und kann tatsächlich etwas deutsch. Meistens schnappen die hiesigen locals nur ein paar Fetzen deutsch auf und behaupten dann, sie wären dort gewesen oder hätten einen Bruder dort. Der Mann kennt sich hier aber so gar nicht aus und hat Angst sich zu verlaufen. Ich bringe ihn im dunkeln nach Hause.

Nachdem ich mein Mosquito-Netz aufgehängt habe und meinen Schlafsack als Kopfkissen einsetze, den Ventilator anschmeisse und Lärmstopp benutze, habe ich eine richtig kuschelige Nacht.

Mit dem Visum am Freitag ist es kein Problem. Ich schaffe es sogar noch Geld zu holen und ins Internet-Café zu gehen. Wir hören uns um, wie es ist, mit einem Auto durch Guinea-Bissau zu fahren.

Was wir hören, klingt nicht gut. Auf dem Busbahnhof, der „garage“, erzählt man uns von Polizeikontrollen, wo gerade ausländische Autos peinlichst genau kontrolliert werden. Finden tun sie garantiert was und verlangen dann Geld dafür, dass sie es übersehen. Die Polizisten bekommen wohl kein Gehalt und leben von dieser Art Straßenräuberei.

Nur einer aus Guinea-Bissau meint, es wäre kein Problem. Abends im „Casafrica“ sitzen wir mit Ansou, dem Besitzer, und einigen anderen zusammen und hören die Geschichte, dass eine Durchfahrt nach Bissau von Kontrolle zu Kontrolle 150.000CFA (fast 250€)  gekostet hat. Moniert werden zum Beispiel fehlendes Wasser in der Scheibenwaschanlage oder ein Sprung in einem Leuchtendeckel. Fahren mit Sandalen kann 40.000CFA kosten.

Jens entschließt sich daraufhin den Wagen hier abzustellen und mit dem Buschtaxi nach Bissau zu fahren.

Am Sonnabend bin ich ziemlich unfit. Nachdem ich zu Fuß über die Märkte gegangen bin, fühle ich mich darnieder und mir ist etwas schlecht. So verbringe ich den restlichen Tag im Zimmer.

Am Nachmittag kommt Jens mit Ansou vorbei. Ansou will schon für mich Medikamente besorgen, aber so schlimm ist es dann doch nicht. Jens meint, sein Wagen ist jetzt untergestellt und wir können sofort los. Er denkt tatsächlich, das geht mal eben so und wir sind in wenigen Stunden in Bissau.

Zum Glück müssen wir wegen mir noch bis zum nächsten Morgen warten.