Burkina Faso

 

Bamako, am 01.04.2003, Zeit für einen Aprilscherz. Der Bus soll ja eigentlich sehr früh abfahren. Bereits gestern habe ich deswegen ein Taxi für 5.30 Uhr bestellt, da ich schon um 6.00 Uhr am „gare routière“, in Soloniko, sein soll.

Der Fahrer ist praktischerweise schon abends gekommen und hat die Nacht einfach in seinem Auto verbracht. Leicht verpennt fahren wir durch das morgendliche Bamako. Die Straßen sind leer, kaum Autos, kaum Menschen - alles schläft noch oder wacht gerade auf. Diese frühe Zeit ist unchristlich und, wie sich später herausstellt, unnötig. Die Luft ist über Nacht auch nicht wesentlich besser geworden - eine Atempause für Bamako hat es wieder nicht gegeben.

 

Der „gare routière“ ist ebenfalls verschlafen. Einige Busse stehen herum und drum herum liegen Leute auf ihren Matten und schlafen noch.

Ein Kartenschalter ist geöffnet. Es ist nur leider nicht der, wo Bobo dran steht, also warte ich bis der andere Schalter aufmacht. Dies ist mal wieder typisch deutsch: Nur wo Bobo draufsteht ist Bobo drin.

Ein älterer Mann fordert mich auf, mein Glück trotzdem am offenen Schalter zu versuchen. Es klappt natürlich auf Anhieb und ich bekomme mein Ticket für Bobo, das eigentlich Bobo-Diolasso heißt, aber wo dieser Name doch so lang ist ...

 

Die Abfahrtszeit wird jetzt mit 8.00 angegeben. Komisch, gestern war es noch 7.00  Uhr. Na ja, die werden es schließlich wissen. Ich setze mich in den offenen Warteraum, wo einige Leute gerade aufwachen und ihre Matten einrollen. Es riecht unangenehm nach Urin. Trotzdem komme ich nicht darum herum, ebenfalls das Klo der Gesellschaft zu benutzen. Es ist das Einzige und besteht aus kleinen Zellen mit einem Loch in einer Ecke. Man pinkelt einfach gegen die Wand und der Urin nimmt automatisch den richtigen Weg.

Ich suche mir einen freien Platz im Wartebereich und lese etwas in einem Buch. Mit einem Buch, am besten mit so einem leicht verdaulichen Ami-Schwachsinn, kann ich jede Zeit der Welt totschlagen. Die Zeit vergeht also recht zügig und es kommt langsam Bewegung in die wartende Menge. Eine Lautsprecherdurchsage will uns etwas mitteilen.

Die Sprache ist völlig verzerrt und unverständlich. Auf den Gesichtern der Leute hier entdecke ich nichts als Fragezeichen. Manchmal kommt ein Busfahrer herein und teilt uns sein Ziel und die bevorstehende Abfahrt mündlich mit. Jetzt kommt aber keiner. So machen wir alle das Gleiche und fragen den nächst besten Bittar-Trans-Angestellten. „Wann fährt der Bus nach Bobo ?“ „Um 9.00“. Die Abfahrtszeit wurde also auf 9.00 Uhr neu festgesetzt. Der Bus steht aber schon lange bereit. Ein knallroter, relativ neuer Bus mit Klimaanlage und für 60 Leute, der TCV, einer Partnergesellschaft aus Burkina.

Also lese ich weiter. Andere Busse der Bittar-Trans werden bereitgestellt. Sie stehen mit dem Heck zum Warteraum, lassen ihre Motoren warmlaufen und nebeln uns ein - hust. So allmählich wird die Luft im Wartebereich „eingedieselt“. Keinen stört es, also muss man da wohl irgendwie durch. Ich bemerke etwas Bewegung bei „meinem“ Bus. Es ist zwar erst kurz nach acht, aber wer weiß? Einige Leute laden bereits ihr Gepäck in den Bus. So schnappe ich meinen Rucksack und mache es ebenso.

Mein Gepäck ist somit schon mal erfolgreich verstaut und ich stehe geduldig in der Schlange zum Einsteigen. Nichts passiert. Ein junger Mann meint, das dauert wohl noch und man könnte sich noch mal in den Wartebereich setzen. Gesagt, getan und schon habe ich einen Reisebegleiter, der sich auch selbstverständlich gleich neben mich setzt. Er spricht ein grottenschlechtes französisch, aber aus seiner Mimik entnehme ich alles Wichtige.

Es ist  jetzt kurz vor neun, alle versammeln sich vor der Eingangstür und warten. Ein „wichtiger“ Mann mit der Passagierliste erscheint, ruft jeden einzeln auf, der dann auch endlich einsteigen darf. Mich grinst er nur an „Ah, Monsieur Kolläär“.

Der Bus hat zwei „Spalten“ Plätze. Doppel- und Dreierreihen. Ich entscheide mich für einen Fensterplatz mit nur einem Nachbarn. Der Sitzplatz ist sehr begrenzt, es ist warm und unangenehm. Mein Nachbar, mein neuer Reisebegleiter,  ist kaum größer als ich, hat aber lange Beine, die ebenfalls ihren Platz beanspruchen. Gegen 9.30, nach einer langen halben Stunde des Wartens, setzt sich der Bus in Bewegung, steht noch lange an einer Tankstelle und verlässt kurz vor 10.00 Uhr Bamako. Ausgerechnet in Richtung Segou (!!!). Ich hatte gehofft, er nimmt die Route über Sikasso. Nun benutze ich schon zum vierten mal die Straße nach Segou.

Meine Nachbar holt umständlich einen Sctift aus seinen Sachen und versucht halbwegs lesbar etwas aufzuschreiben. Er drückt mir den Zettel in die Hand. Es ist, kaum zu entziffern, seine Adresse. „Und, was soll ich damit?“ Wir haben kaum einen Satz miteinander gewechselt und schon will er eine Brieffreundschaft. Dabei spricht er noch schlechter französisch als ich. Lieber nicht, da mache ich ihm lieber keine Hoffnungen.

Es ist eng und ich muss pinkeln. Zum Glück weiß ich ja, wo die Busgesellschaft regelmäßig ihre Pausen macht. Es ist der gleiche Ort, wie auf der regulären Strecke nach Segou.

Segou selbst ist ja nun hinreichend bekannt. Wir machen also hier eine Pause und das Klo der Busgesellschaft ist eine dreckige Fliegenfalle und somit eine Katastrophe. Weiter geht es über Bla nach Kotiala, wo ich vor einiger Zeit auch schon mal durchgekommen bin. Kurz dahinter ist die Strecke zur Grenze, nach Burkina Faso.

Wir halten an, weil die Männer beten wollen (müssen).

Die ersten Leute verlassen uns. Sie wollen nicht über die Grenze, die wir später, in der Abenddämmerung, erreichen.

Die malische Seite geht schnell, die Ausreisestempel sind fix, und ohne Ansehen der Person, verteilt.

Auf der burkinischen Seite dauert es länger. Diesmal nicht wegen mir. Ich werde fast bevorzugt behandelt und bekomme schnell meinen Einreisestempel. Dazu muss ich nur noch schnell ein kleines Formular ausfüllen.

Neben mir sitzt ein nervöser Amerikaner. Er kann natürlich kein Französisch und somit auch das Formular nicht lesen. Ich sage ihm: „Ist nicht so schlimm“, lasse ihn aber schmoren. Warum lernen die doofen Amis auch keine Fremdsprachen.

Auf dem Weg zur Gepäckkontrolle stellen sich einige bettelnde Jungs in den Weg. Sie singen ein Lied „Donnez moi un cadaeu“ nach dem alten französischen Volkslied „Frere Jaques, dormez vous“. Sehr lustige Idee, aber bei mir völlig wirkungslos.

Für mein Gepäck interessiert sich hier zum Glück niemand. Es wird wohlwollend mit Kreide markiert und ich kann weitergehen. Trotzdem stehen wir noch länger in der Dunkelheit bis der Busfahrer endlich die erforderlichen Papiere beisammen hat.

Endlich geht es weiter. Wir werden an einigen Stellen aufgehalten, darunter auch eine Zollkontrolle nahe Bobo. Wozu das gut sein soll, weiß der Geier. Jedes mal mache ich die Gardine zu, damit mich keiner sieht. Ein Libanese im Bus erzählte mir, das sie gerne Touristen abzocken, sofern sie denn da sind. Also mache ich mich unsichtbar.

Bobo kündigt sich schon lange vorher durch Lichtschein an, ich träume vom Bier und wir stehen hier, wegen dieser Deppen, blöde herum.

Gegen 21.30 erreichen wir endlich Bobo. Ich habe mein Gepäck gerade zusammen, als ich von einem Taxifahrer angesprochen werde. Ich sage ihm „Sobur Tours Hotel“, aus meinem Reiseführer. Er sagt ok, sammelt noch zwei weitere Gäste ein und fährt mit seinem klapprigen Renault 12 los. Er fährt durch Bobo, das nächtliche Zentrum und verlässt die „City“. Ich sage ihm „Hey, das Sobur Hotel ist im Zentrum“. Er antwortet: „Ich weiß überhaupt nicht, wo dieses Hotel ist, ich fahre Sie in ein anderes Hotel“. Es ist kurz vor 22.00 Uhr, ich bin fertig und will ein Bier. Also scheiße ich den Fahrer zusammen. Der ist völlig eingeschüchtert und versteht meine Aufregung nicht. Ich zeige ihm Namen und Ort des Hotels auf dem Stadtplan in meinem Reiseführer. Er fährt weiter und versucht mich in einem anderen Hotel abzusetzen. Ich flippe wieder aus und nehme mein Gepäck aus dem Taxi und gehe zu einem anderen. Jetzt guckt mein Fahrer so richtig in meinen Führer und weiß plötzlich, wo er hin muss. Gegen kurz nach zehn bekomme ich tatsächlich endlich die ersten beiden Biere und etwas zum Essen in meinem Hotel.

Bereits jetzt spricht mich ein „Hotelmitarbeiter“ an. Er ist auch „guide“ und kann mir Bobo zeigen und ein Auto besorgen. Außerdem fragt er mich, ob ich vielleicht für die Nacht weibliche Gesellschaft brauche. Willkommen in Burkina. In Mali ist mir das nicht passiert.

Das Hotel ist ganz ok, die Küche ist nicht gerade die allerbeste, das Frühstück ist ganz gut und morgens krabbelt auf meinem Bett eine kleine Kakerlake.

Ich schlafe richtig gut. Per Telefon bringt sich Guattara Djibil, mein „guide“ von gestern Abend, in Erinnerung. Er wartet bereits auf mich. Wir haben uns gestern Abend verabredet.

Eigentlich wollte ich ein Auto für eine Woche mieten. Jetzt bin ich mir aber gar nicht mehr so sicher, ob ich für eine Woche ein Auto „sans Chauffeur“ möchte. Es ist mir hier zu heiß und ich will möglichst schnell an die Küste. Wo ich aber schon mal hier bin, sollte ich mir natürlich nicht die schönen Ecken Burkinas entgehen lassen.

Wir gehen ein Stück und ich erkläre ihm meine Pläne. In einem Café trinken wir Tee und verabreden, dass er mir heute Bobo zeigt, morgen mit mir eine Tagestour nach Banfora und Umgebung und übermorgen in die nähere Umgebung von Bobo macht.

  

Guattara zeigt mir am morgen noch die alte Moschee von Bobo und den Stadtteil Kibidoué, der sehenswert ist. Man muss sich aber beim dortigen „Chef“ melden und einen „guide“ nehmen. Dieser bietet sich auch sofort an, erklärt alles und sagt immer Bescheid, wenn es etwas Feines zum fotografieren gibt. Es ist natürlich der typische Zoobesuch. Trotzdem ist der Stadtteil mit seinen animistischen, islamischen, griots und dioula-Teilen interessant.

Es gibt hier auch heilige Fische, die man nicht essen darf. Dazu gehen wir zum „Fluss“ hinunter, einer stinkenden Kloake, voller Müll und Fäkalien. Man muss aufpassen, wo man hintritt - auch Afrikaner haben Durchfall.

An einigen Stellen wird Geschirr gewaschen. Etwas abseits bleibt unser „guide“ stehen, sammelt ein paar kleine Steine und wirft sie in die Brühe.

„Da, guck mal, da war eben einer !“ In der Brühe ist absolut nichts zu sehen. Schon alleine deswegen würde ich den Fisch, sofern er diese Brühe überlebt, nicht essen.

Wieder im Zentrum treffen wir uns mit einem Mann, der Autos vermietet. Zuerst klingt es so, dass ein Auto ohne Chauffeur kein Problem ist. Dann bringt der jemanden, der sein Auto verleihen würde, aber nur mit Chauffeur. Da ich Burkina schnell verlassen möchte, willige ich diesmal ausnahmsweise ein  und werde morgen für zwei Tage ein Auto mit Chauffeur haben.

Bobo ist eigentlich ganz angenehm, nicht ganz so heiß. Dafür sind die Bettler und „guides“ sehr aggressiv. Besonders „schlimm“ sind die Rollstuhlfahrer. Sie stellen sich einfach in den Weg und zeigen Dir, was alles am Rollstuhl, einem Fahrrad mit drei Rädern, kaputt ist. Manche haben tatsächlich eine richtige Einkaufsliste dabei. Eigentlich clever. Außerdem gibt es viele bettelnde Jungen mit einer Blechdose in der Hand, die mit zurückhaltender Stimme um eine Gabe bitten. Diese Jungen sind Waisen und wurden in die Obhut eines Marabout gegeben. Der lehrt ihnen den Koran und sonst nix. Im Gegenzug gehen sie für ihn betteln.

Jetzt komme ich wieder mit meinem gestörten Verhältnis zu Religionen: Gibt es nichts Sinnvolleres zu lernen und zu tun für die Jungs?

In einem Cyber-Café gelingt es mir mühsam, meine E-Mail abzurufen.

Nach einer Siesta mache ich einen erneuten Rundgang durch Bobo. Der Bahnhof ist recht schön, im sudanesischen Stil, und hinter dem Markt ist die „Bar Cabana“. Hier gibt es Milch-Shake mit Mango und eine recht alte, auf jung getrimmte, Französin mit lockerem Gebiss, die großzügig den Pastis aus einer Thermoskanne schlürft. Der Milchshake ist ok und die Frau ist erstaunlich gut zu verstehen, obwohl sie schon ganz gut abgefüllt ist.

Irgendwie habe ich so etwas wie eine Sonnenallergie. Es brennt auf der Brust, und da wo der Schweiß herunter läuft, piekt es wie viele kleine Nadelstiche. Ich gehe in eine dieser Apotheken, die über einen eigenen Arzt verfügen und lasse mir eine spezielle Salbe verschreiben. Die lindert den Schmerz etwas und kühlt angenehm.

Am nächsten Morgen erwarten mich Guattara, mein „guide“, und das Auto mit Chauffeur. Es geht nach Banfora. Auf dem Weg dorthin sieht man gleich, dass die Landschaft völlig anders, als in Mali ist. Es ist grün, mit satten Wiesen und vielen Bäumen. Viel mehr als in Mali. Wir fahren durch Dörfer, die denen im Dogon-Land ähneln - außer, dass die Hütchen der kleinen Getreidespeicher oben abgerundet sind. Wir fliegen so dahin, es ist kühl und angenehm. Die Straßen erlauben hohes Tempo. Sie sind sehr gut in Schuss. Deshalb muss man die großen Straßen auch bezahlen. Ein System, welches vielleicht auch ganz gut für andere Länder wäre.

Kurz vor Banfora fahren wir einen Berg hinab auf eine Tiefebene zu. Es ist ein phantastisches Bild. Gute Sicht bis zum Horizont, alles großflächig und satt grün. Es sind Zuckerrohrplantagen, die in verschiedenen Grüntönen ihren Reifegrad anzeigen. Diese Felder werden permanent und großzügig bewässert und sind oft von Palmen umringt. Das wirkt richtig exotisch.

Wir biegen ab und benutzen jetzt kleinere wunderschöne Alleen, entlang der Zuckerrohrfelder. Große Traktoren mit drei Anhängern voller Zuckerrohr kommen uns entgegen. Eine nahe Fabrik wird alles verarbeiten.

Wir erreichen die „Dômes de Fabédougou“. Große Felsformationen, ideal zum Klettern mit wunderschöner Aussicht über die Zuckerrohrlandschaft.

Einige Kilometer weiter sind die „Cascades de Karfiguela“. Es wird allmählich heiß und ich bin froh, das der Weg durch schattige Alleen führt. Die „Cascades“ sind schon gut zu hören. Wir klettern noch ein Stück und es erscheinen hübsche, aber nicht allzu riesige, Wasserfälle. Ich denke, das ist bestimmt nach der Regenzeit viel imposanter. „Nein, nein die sehen immer so toll aus“, meint Guattara. Es ist aber trotzdem sehr nett hier, die Aussicht ist klasse und im Schatten kann man es gut aushalten.

Ich bin  aber trotzdem froh, dass ich die Route im Schnelldurchlauf mache. Ich möchte, so schnell es geht, aus dieser Hitze raus.

Auf dem Weg nach Banfora probieren wir noch den hiesigen „Jus de Ronier“, einen Palmwein aus der Ronier-Palme.

In Banfora drängen wir einen Jungen mit seinem Holz-Karren aus dem Schatten eines Baumes, damit es das Auto schön kühl darunter hat und nicht zu heiß wird. Wir setzen uns kurz ins „Le Flamboyant“ für ein paar Getränke. Nacheinander und abwechselnd tauchen jetzt Händler für Brochettes, Lotterielose, Ventilatoren, Papiertaschentücher und Uhren auf. Später wechseln wir in das „Le Flamboyant+“, wo wir unser Essen einnehmen. „Guide“ und „Chauffeur“ machen beim Kellner Stress, weil wir keine getrennten Rechnungen bekommen. Eigentlich ist so etwas ohnehin unüblich in Afrika und der Kellner versteht den Grund nicht so ganz. Schließlich kann er uns doch die Preise für die drei Essen, denn nur darum geht es hier, auch so ausrechnen. 500+600+600 - ist doch ganz leicht. Den beiden geht es ums Prinzip. Guattara meint dann auch noch trocken: „Mit Kunden diskutiert man einfach nicht.“

Im Restaurant treffen wir zuuuufällig den Cousin von Guattara. Er hat ein Campement mit einigen kleinen Attraktionen am „Lac Terguela“ , einem See nahe Banfora, in dem es auch Hippos gibt. Wir fahren also weiter, der See naht. Es gibt übrigens so einige nette Campements hier. Vielleicht später mal zu einer anderen Jahreszeit .

Aber, es ist nur ein See, ganz nett, und zum Besuch der Hippos mit einem Kanu ist es mir in der Mittagshitze schlichtweg zu heiß. Wahrscheinlich haben sie sich sowieso irgendwo im Schilf versteckt.

Kurz darauf meint der Chauffeur, dass wir jetzt mit der Tour fertig sind und nach Bobo zurückfahren. Guattara meint daraufhin, wir könnten dann ja noch eine längere Pause im Campement seines Cousins machen, oder so ...

Wie bitte ? Ich glaube ich höre nicht richtig. Die wollen  mich zum Geldausgeben zum Cousin lotsen. Ich frage nach den „Pics de Sindou“, interessanten Felsformationen, etwa 50km weiter. „Nein, das geht nicht“, behaupten der Chauffeur, der „guide“ und ein zufällig Dabeistehender unisono. „Warum nicht?“. Es ist ein heiliger Platz und gerade heute ist der einzige Tag im Jahr, wo geopfert wird, d.h., dass irgendwelche Alten, einigen Hühnern, Ziegen u.ä. dort die Kehlen durchschneiden. Mein Einwand, ob man trotzdem in die Nähe kommt - ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass man für Opfer einen Gebirgszug sperrt - wird beiseite gewischt. „Nein es geht nicht.“  Ich stelle mich doof - eine gute Masche - ich verstehe die Begründung nicht und halte das für eine Ausrede, rechtzeitig wieder zu Hause bei Muttern zu sein. Ich frage also immer wieder, ob es nicht irgendwie doch geht. Leicht genervt geben die anderen nach. Guattara meint sogar großzügig, er wird beim Dorfchef ein gutes Wort für mich einlegen und für mich eine Ausnahme erbitten. Dann reden sie nicht mehr mit mir. Auch gut, schließlich zahle ich doch den ganzen Spaß. Dafür kann ich aber auch entscheiden, wie lange der Tag dauert und wo es hingeht. Wie war das doch gleich: „Mit Kunden diskutiert man nicht ...?

Der Weg dorthin ist traumhaft. Sattes grün, feuchte Wiesen und viele Reisfelder, die schon für die Zeit nach der Regenzeit vorbereitet werden. Es ist zwar eine Piste, das Fahren geht aber gut, der Fahrer kennt sich aus. Auf der rechten Seite erscheinen skurrile Felsnadeln. Die „Pics de Sindou“. Sehr beeindruckend. Nur, leider ist kein „local guide“ in Sicht. „Geht es nicht ohne, ich will nur kurz ein paar Fotos machen?“ „Nein, das ist gefährlich ohne Führer - und es ist, natürlich, ein heiliger Ort.“ Na ja, wenn kein Führer da ist, merkt das ja keiner. Meine naive Einlassung lässt bei meinen Jungs die Augenbrauen hoch schnellen. Sie haben ja recht.

Zum Glück erscheint auf der Bildfläche ein etwas abgerissener Mann, der „local guide“. Er ist völlig unbeeindruckt von meinen Mitstreitern und erleichtert sein religiöses Gewissen für ein paar CFA. So gehen wir doch in die Felsformation. Das Opfer findet natürlich gar nicht heute statt, sondern morgen, oder wann auch immer, war ja klar.

Die Formation ist traumhaft schön, wunderbar zu laufen und absolut fotogen. Dass hier eine Filmgesellschaft einen Kinofilm gedreht hat und seine Kulissen einfach dort stehen lässt (ich habe sie glatt für die Ruinen der früheren Sindou-Bewohner gehalten) tut der Religiosität offenbar auch keinen Abbruch. Wie war das mit meinem gestörten Verhältnis... ?  

Den Weg zurück sind wir alle wieder gut miteinander und diskutieren das Programm für morgen. Na ja, es ist so, dass ich das Programm für morgen bestimme und keinen Widerspruch dulde.

Morgen will ich zum „Mare aux Hippopotames“, zu den „heiligen Fischen von Dafra“ und zum Badesee von „Guinguette“. Alles in relativer Nähe zu Bobo.

Wir fahren jetzt sehr schnell, weil hinter uns ein LKW mit Anhänger auftaucht. Dieser schleppt eine riesige Staubwolke hinter sich her, die wir uns nicht einfangen wollen.  Alle anderen müssen weichen und werden gnadenlos abgedrängt. Das Tempo ist mörderisch. So ist das in Afrika.

In Banfora halten wir für längere Zeit, weil mit dem Auto etwas nicht stimmt. Es springt nicht an und die Batterie ist alle. Der Fehler wird nicht entdeckt. Mit Starthilfe fahren wir los. Bis Bobo sind es 70km und die Werkstatt dort macht pünktlich um 18.00 Uhr zu. Der Fahrer fährt Höchstgeschwindigkeit, hupt fast pausenlos und brettert durch Ortschaften. Kurz vor Bobo hält er noch einmal an, kauft in Seelenruhe Brennholz und lädt einen Alten ein, der nach Bobo will. „Darf ich mit?“, fragt er. „Na klar“, sag ich.

In Bobo fahren wir gleich zum Autoverleih. Guattara beschwert sich und möchte für morgen ein besseres Auto haben. Eines, dass nicht kaputt geht. Der Patron des Reisebüros, welches das Auto verleiht, beginnt jetzt aus unerklärlichen Gründen, mich von meinen morgendlichen Plänen abzuhalten. Das wäre überhaupt nicht zu schaffen, meint er. Ich frage ihn, warum das ein Problem für ihn darstellt. Er meint, es wäre sein Arbeitsprinzip, einen Kunden zu beraten (ob der Kunde nun will oder nicht).

Es ist ja eigentlich mein Problem, ob ich es schaffe. Ich will ja nur ein Auto für einen Tag. Wohin wir fahren, entscheide schließlich ich und wenn wir die Tour nicht schaffen, ist das ja nicht sein Problem. Der Patron lässt aber nicht locker und zeigt mir sogar Briefe und Fotos von zufriedenen Kunden, die natürlich bei ihm schon mehrere Touren (selbstverständlich gleich für mehrere Tage) gebucht haben. Ich verstehe nicht, was das soll. Schließlich will ich nur ein Auto. Ich habe den Eindruck, er will mir gar keins vermieten. Irgendwie brauche ich das heute Abend nicht und lasse ihn einfach stehen. So viel Blödheit ist mir schon lange nicht unter gekommen.

Guattara will sich dann woanders um ein neues Auto kümmern. So gehe ich noch kurz im Internet surfen, etwas essen und nach einem letzten Bier in mein Zimmer. Noch am selben Abend ruft Guattara durch und teilt mit mit, dass er ein Auto bekommen hat. Für 65.000. Wie bitte?. Er soll herunterhandeln auf 50.000 inklusive Sprit. Alles klar. Da wir morgen wieder eine lange Pistenstrecke vor uns haben, besteht er auf eine Abfahrtszeit um 7.30 Uhr.

So sitze ich am nächsten morgen noch um 8.15 genervt vor meinem Hotel, als er mit dem neuen Auto, einem Nissan-Sportwagen für Arme, und einem neuen Chauffeur eintrudelt. Ich bin ziemlich verstimmt. Ich hätte doch lieber etwas länger geschlafen.

Wir fahren los, brettern durch die Straßen - der Fahrer fährt bestimmt Autorennen. Wir stoppen, Guattara kauft gemütlich Kolanüsse. Nach einigen hundert Metern, bei der Moschee, halten wir wieder und Guattara gibt die Kolanüsse einem der dort herumsitzenden Alten, islamistischen Weisen, um seinen Segen oder sonst etwas zu bekommen. Danach heizen wir in eine Werkstatt, wo der Fahrer erst einmal die Reifen überprüfen lässt. Dafür bin ich also so früh aufgestanden?

Dies ist dann mal wieder so eine Gelegenheit meine Jungs zusammen zu scheißen. Plötzlich dauert die Fahrt gar nicht mehr so lange, schließlich ist der Wagen superschnell, sogar auf Piste, etc... .

Ich beschließe jetzt zu schmollen - darauf sprechen sie nicht mehr mit mir. Zumindest weiß ich schon jetzt, dass mich dieser Tag teuer zu stehen kommt. Wir heizen los, die Piste ist breit mit viel Wellblech. Wir erreichen über 100km/h, wir fliegen so dahin. So schaffen wir natürlich locker unser Pensum. Nach einiger Zeit wollen die Jungs mir etwas Gutes tun und bieten mir an zu fahren. „Klar doch“, sage ich hocherfreut und doch reichlich voreilig. So sind wir wieder gut miteinander.

Das Fahren bringt Spaß - ich kann auch schnell fahren. Die Kiste ist flink und fährt sich auf der Piste wie auf Schnee, da die oberste Schicht recht locker ist. Bei jeder heftigen Lenkbewegung schlingert der Wagen.

In Satiri nehmen wir mal wieder einen „local guide“ an Bord, der den Weg kennt. Es gibt zwar nur einen einzigen Weg und der ist überhaupt nicht zu verfehlen, aber zum „Mare aux Hippopotames“ kommt man nur mit Führer, basta. Auch in diesem See gibt es Hippos.

Die Strasse ist zuerst noch ganz toll. Piste ohne Waschbrett. Dann wird sie schlagartig schlecht bis superschlecht. Tiefe Spurrinnen, große Steine und Bodensenken sind absolut nichts für einen Flitzer ohne Bodenfreiheit. So gut es geht, laviere ich mich durch, der eine oder andere Aufsetzer ist nicht zu vermeiden. Das eine ums andere mal müssen alle raus und mich durch die Steine lotsen. Es bringt zwar Spaß, ist aber sehr anstrengend.

Wir erreichen dann doch noch das „mare“, einen großen Teich mit vielen Hippos. Drei Fischer staken uns mit einer Blechpriroge (Donation = Geschenk einer französischen Feuerwehr) auf den Teich, der fast gänzlich mit Seerosen bedeckt ist, was das Staken erschwert. Guattara traut sich erst nicht, kommt dann doch mit, bleibt aber stur in der Mitte. Ich kenne solche Ängste nur zu gut und werde mich darüber nicht lustig machen, obwohl ich dann doch - schon wegen der Fotos - auf dem Ding rumgeturnt bin, dass es ganz schön wackelt. Es schwammen dann auch ein gutes Dutzend Hippos herum. Mein erstes richtiges „Wildlife“ in Afrika auf dieser Reise!

Zurück auf der Straße nehmen wir einen anderen Weg. Er führt durch einen richtigen Forst, wo die Bäume in Reih und Glied stehen und von den angrenzenden Dörfern gemeinsam bewirtschaftet werden. So wartet am Wegesrand sauber aufgestapeltes Holz auf den Abtransport. Die Straße ist aber nicht viel besser. Wir rumpeln durch die Gegend und ich gebe mir reichlich Mühe, möglichst wenig aufzusetzen. Das Auto ist für so etwas nicht gebaut. Hier ist Allrad angesagt und kein Flitzer.

Meine Bilanz ist daraufhin: jede Menge Kratzer auf dem Lack, ein Loch im Auspuff und eine kaputte, typisch japanisch-unsinnige Standlichtleuchte (unterhalb der Stoßstange), die ich natürlich, da ich gefahren bin, auch bezahlen darf. Dumm gelaufen. Das mit der Leuchte habe ich nun nicht mitgekriegt und ich werde das Gefühl nicht los, dass sie nur dafür herhält, den heruntergehandelten Preis auf Normalmaß wieder hochzuschrauben. Jedenfalls habe ich meine Lektion erhalten und räume den Fahrersitz. Der Auspuff wird übrigens in einer der vielen Werkstätten am Straßenrand ambulant für wenig Geld geschweißt.

Unser nächstes Ziel wäre jetzt Dafra gewesen, wo ein Teich mit „heiligen Fischen“ ist. Die Fische sind die gleichen wie in Kibidoue, den alten Stadtteil Bobos. Sie unterstehen auch dem selben Dorfchef gegenüber der alten Moschee.

Wie wir gerade daran vorbeifahren, fallen mir die Menschenmassen bzw. Männermassen auf, die in und um der Moschee zu tausenden beten. Es ist Freitag - das Freitagsgebet und es sieht sehr beeindruckend aus.

Guattara verhandelt derweil mit dem Dorfchef. Ich werde hinzu gerufen. Man erklärt mir, dass man für die heiligen Fische in Dafra eine Huhn mitnehmen muss, dem dann vor Ort opfermäßig die Kehle durchgeschnitten wird, was dann gegen sonst was hilft. „Na ja, wenn es denn nicht anders geht. Was kostet das denn?“ „12.000CFA.“ „Wie bitte ???“

Eines muss man den Burkinabes, wie die Einwohner hier sich selbst nennen,  ja lassen. Sie sind, was das Abzocken von Touristen angeht, das Beste, was ich bisher auf meinen Afrikareisen erlebt habe. Die ziehen einem lächelnd den letzten Cent aus der Tasche. Ich kann ihnen das nicht verdenken, sogar verstehen. Wir haben es ja und die nicht.

Jedenfalls beschließe ich bei diesem Preis ganz spontan, die Fische sausen zu lassen. Na ja, dann eben 11.000CFA, weil Du es  bist - oder - nur 10.000 CFA, mon ami. Auf den 10 Metern, die ich ungerührt zum Auto hinterlege, sinkt der Preis auf 3.500CFA. Leider zu spät Jungs - man soll das mit dem Abzocken eben nicht übertreiben. Sollen sie doch die Fische selbst futtern.

Wir machen noch eine kleine Esspause, die ich komischerweise komplett bezahlen darf. Heute gibt es offenbar keine getrennten Rechnungen - dafür beschließe ich, das Trinkgeld für meine beiden Jungs zu streichen.

Mit Vollgas geht es zu einer Bademöglichkeit mit Namen „La Guinguette“. Dies ist ein Stück des Flusses „Kou“, der mal Bobo mit Trinkwasser versorgt hat oder immer noch tut, und jetzt, nett in einem Wäldchen gelegen, eine tolle Freizeitgeschichte ist und nebenbei auch noch das „Mare aux Hippoptames“, viel weiter weg, mit Wasser speist. Das komische daran ist, dass meine Jungs offenbar den Weg dahin überhaupt nicht kennen und sich dauernd durchfragen müssen. Na ja , man kann nicht alles wissen.

Der Weg ist tatsächlich schwer zu finden und ausnahmsweise ist die Beschilderung mies. Bei allen anderen touristischen Sachen war bis jetzt alles perfekt ausgeschildert.

Endlich erreichen wir den Wald, ein richtiger Wald mit einer Mauer drum herum, da er wild bleiben soll. Wir bezahlen unseren Eintritt, bekommen mal wieder eine unsinnige Begleitung mit (gegen Extra-Geld, natürlich) und betreten das wunderschöne Areal. Es ist schattig, etwas feucht und wir hören viele Vögel - wie im Urwald. Eigentlich lädt alles zum Verweilen ein, dafür bedarf es aber einiger Freunde, die mitmachen und nicht irgendwelcher „guides“, die Abzocken. So kehren wir bereits am Nachmittag nach Bobo zurück. Der Portier reserviert mir noch telefonisch einen Busplatz nach Ouagadougou für morgen.

 

Morgens bringt mich ein Taxi zur STMB-Busgesellschaft. Sie unterhält einen klimatisierten Bus nach Ouagadougou, das ab jetzt, wegen der Länge, nur noch „Ouaga“ genannt wird.

Im, ebenfalls klimatisierten, Warteraum verbringe ich die Wartezeit bei angenehmer Temperatur und lautem Fernseher. Superpünktlich fahren wir ab. Die Straße ist bestens, wir lassen die „Peàge“-Station hinter uns. Im Gegensatz zur Route nach Banfora ist die Gegend in der Gegenrichtung weniger grün und nicht so dicht bewachsen. Sie ist trotzdem schön. Wir kommen phantastisch voran. Zweimal fahren wir durch, so genannte, „Balés“, Reste von Flüssen, kleine Seen, die erst nach der Regenzeit wieder zu Flüssen werden. Die Straße führt auf einem Damm hindurch. Einmal machen wir eine Pause. 10 Minuten um kurz zu pinkeln und von verkaufenden und bettelnden Mädchen belagert zu werden. Es ist nicht angenehm und ich bin froh, wieder im Bus zu sitzen.

Ouaga ist schneller erreicht als ich dachte. Wir schweben in die Stadt hinein und stehen plötzlich auf dem Servicehof der Busgesellschaft. Die Klimaanlage muckt herum. Deshalb springt sie nur sekundenweise an. Der Fahrer untersucht das Problem und die Passagiere müssen als Geiseln im Bus sitzen bleiben. Die Endstation ist gerade mal 3 Minuten entfernt. Wir erreichen sie dann auch, nach dem wir uns durch enge, sandige Straßen quetschen und sind endlich am Ziel. Ein Taxi bringt mich in kurzer Zeit zum Hotel Dapoore, einer gemütlichen Anlage, die einem Schweizer gehört.

Das Zimmer hat alles, was ich brauche - eine Klimaanlage. In Ouaga ist es nämlich superheiß. Erst am Nachmittag traue ich mich heraus. In der Nähe ist ein Cyber-Café. Anschließend versuche ich die gute Küche des Hotels.

Wie ich da so sitze, ich habe einen guten Platz, taucht mit einem mal ein älterer Europäer mit Hüftschaden auf, setzt sich unaufgefordert an meinen Tisch und zündet sich eine von vielen Zigaretten an. Es ist der Besitzer, ein grantiger Typ, wortkarg und an nichts interessiert. Wo er schon mal so unaufgefordert an meinem Tisch sitzt,  frage ich ihn etwas aus, wie lange er hier ist, was er denn so treibt, was ihn hier hält, etc. Man muss ihm alles aus der Nase ziehen und raus kommt der übliche Mist eines desillusionierten Streuners, der auf alles schimpft, vor allem auf die Steuern und die Politiker zu Hause. Na, dann ist er ja hier richtig, im demokratischen Musterländle Burkina Faso.

Hier gibt es schließlich alles, was er braucht, vor allem gibt es „Nightclubs“, „Dancing“ und viele Frauen (!) Wenn ich mir da die anderen Gäste angucke, sitzen hier oft ältere Europäer mit jungen Afrikanerinnen. Als mein Essen kommt, kaue ich auch munter drauflos, er nimmt seine Zigaretten und meint noch etwas erledigen zu müssen - puuuh.

Abends zieht sich der Himmel zu, es blitzt und donnert und regnet sogar ein wenig. Zum richtigen Schauer reicht es aber nicht. Ich setze mich vor die Eingangspforte des Hotels und beobachte die Strasse und wer da so herum läuft. Sogleich werde ich von zwei Mädels angesprochen, ob ich nicht eine Begleitung suche, und wenn nicht, warum nicht.

Ich laufe lieber noch eine Runde die Straße entlang, beobachte die schlafenden Menschen, werde vor „Nightclubs“ angesprochen und gucke mir die Szene an. Die Nacht ist angenehm, die Klimaanlage ist etwas laut, aber dagegen hilft Lärmstopp.

Es ist Sonntag, das Frühstück ist klasse. Ich will Ouaga erkunden. Der Weg ist einfach, die Stadt nicht so groß. Hinter der Bahnlinie kommt Militär und der Platz der Revolution. Der ist riesig, völlig leer, bis auf die unvermeidliche Kitschsäule, und niemand darf ihn betreten.  Vom Platz geht eine Straße ab und führt zum Platz der Cineasten (Ouaga ist die Film-Hochburg Afrikas und veranstaltet regelmäßige Filmfestspiele). An der Bahnhofsgegend und Marktgegend vorbei geht es zum Platz der Vereinten Nationen. Weiter rechts kommt eine Bank mit Geldautomaten. Die ganze Zeit werde ich von Leuten angesprochen, die mir zwar nichts verkaufen, sondern nuuur zeigen wollen. Bei den Markthallen wird es richtig schlimm. Die kommen auf Dich zu - „mon ami, wie heißt Du, woher kommst Du“ und den üblichen Mist  - passen ihren Schritt dem Deinen an und quatschen Dich voll, ob Du willst oder nicht. Das hat hier echt gambische Dimensionen - und nervt. Trotzdem komme ich in den Markthallen ganz gut zurecht und kaufe auch etwas.

Ein Radfahrer kommt trillerpfeifend und mit wehender Irak-Fahne vorbeigeradelt - ein einsamer Demonstrant.

Den Rückweg nehme ich am Bahnhof vorbei, und passiere die „Sportschuhabteilung“, mit unendlich vielen Schuhständen, die alle das fast gleiche Sortiment haben. Ich schüttele noch erfolgreich einige nervige Verkäufer ab, bis ich das Hotel glücklich erreiche.

Nachmittags gehe ich noch ins Cyber-Café, lese interessiert, dass mich mein Bruder mit seiner Familie im Sommer in Südafrika begleiten möchte und beginne daraufhin mit der entsprechenden Planung.

In der Nacht gibt es starkes Gewitter mit viel zu wenig Regen. Den meisten Lärm machen aber Ratten, die auf dem Dach meines Zimmers jede Nacht ein Wettrennen veranstalten. Als ich einmal draußen nach dem Rechten sehen wollte, liefe gerade eine auf einem Baum herum. Sie sind hier nicht so winzig wie in Bamako.

Gleich morgens mache ich mich auf den Weg zur ghanaischen Botschaft. Je eher ich das Visum beantrage, desto eher bekomme ich meinen Pass zurück. Vielleicht sogar noch am selben Tag. Vier Ausfertigungen des Antragsformulars sind auszufüllen. Als ich damit durch bin und sie stolz abgeben will, heißt es: Alles in Großbuchstaben - alles noch mal von vorn. Das steht zwar auch auf der „Bedienungsanleitung“, aber wer liest schon so etwas.

Ich komme mit einer deutschen Studentin in Gespräch. Sie möchte ihr Visum auch schon gerne heute haben. Ich lasse ihr den Vortritt und hoffe, dass sie sich mit weiblichem Charme durchsetzt und dann könnte ich mich ranhängen. Leider sitzt in der Box, wo die Formulare abzugeben sind, eine Frau. Dumm gelaufen. So dürfen wir morgen gegen Mittag wieder erscheinen.

Zu Fuß gehe ich in die „City“. Die Stadt ist etwas voller als gestern und die Luft sehr abgasgeschwängert. Aber es geht noch. Ich schlängele mich durch die Reihen der Straßenverkäufer, Bettler und Flüchtlinge aus Liberia, die alle etwas von mir wollen. Es wird mir zu viel und ich stelle mich doof. Das ist zwar nicht nett, geht manchmal aber nicht anders. Schnell finde ich das Büro der STC, der Busgesellschaft nach Ghana, in einem Gebäude im zweiten Stock. Dafür muss ich in eine Hoftür, vorbei an Schrott und Mülltonnen und einen ausgetretenen Weg zu einem Treppenhaus. Im zweiten Stock ist ein großer Raum, in dem zwei Leute großzügig voneinander entfernt sitzen. Ich darf sofort auf einer Bank Platz nehmen. Meine Fragen werden schnell beantwortet. Wann, wohin und wie viel? So weiß ich, dass die Gesellschaft nur drei mal die Woche nach Ghana fährt. Die nächste Tour ist Mittwoch früh. Der Bus fährt um 8.30 los und soll gegen 15.00 Uhr in Tamale und gegen 22.00 Uhr in Kumasi sein. Irgendwann am darauf folgenden Morgen endet sie in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Ich entscheide mich für die mittlere Variante, die ist schon hart genug. Zusätzlich avisiere ich schon die Studentin auf den Platz neben mir. Wir werden wohl zwangsläufig den selben Bus nehmen, also kommt mir eine Gesprächspartnerin ganz recht. Falls sie nicht den selben Bus nimmt, wird der Nachbarplatz wenigstens erst als letztes vergeben.

Es gibt in Ouaga den „St Marina Market“-Supermarkt, gegenüber der großen Moschee. Hier gibt es den Spiegel (!!!). Er ist erst eine Woche alt. Für aktuelle News kaufe ich den Herald Tribune. Das ist zwar eines der typischen, unkritischen Ami-Blätter, aber ich kann es zumindest lesen. Des Weiteren kaufe ich eine Milka-Schokolade (mmmmh) und ein Duschgel. Ich bin es leid, mich permanent mit diesen billigen Hotelseifen zu waschen. So freue ich mich diebisch auf die nächste Dusche. Das alles ist natürlich sündhaft teuer - muss aber sein.

Zu allem Überfluss ist wohl gerade Erdbeerzeit in Burkina und ich kaufe eine ganze Tüte. Das ist superlecker.

Den restlichen Tag verbringe ich  mit Spiegel-Lesen, Erdbeeren futtern, Siesta und über zwei Stunden im Cyber-Café, wo ich aus Spaß schon ein paar Sachen für den Südafrika-Trip im August (man merkt, ich habe nichts zu tun) erledige.

Meinen letzten Tag gammel ich mir zusammen. Spät aufstehen, viel Zeit beim Frühstücken und dann gemütlich zu Fuß zur ghanaischen Botschaft. Der Pass liegt schon bereit und ich kann sofort wieder verschwinden. So mache ich einen Riesenbogen durch neue Straßen, sehe den Präsidentenpalast an der „Rue Ho-Tschi-Minh“ und lande irgendwann wieder im Hotel. Surfen geht heute nicht. Es gibt dauernd Stromausfälle, somit auch kein Internet und im Zimmer keine Klimaanlage. Der Strom kommt zwar immer mal wieder - zum Surfen reicht es aber nicht mehr.

So vertrödele ich etwas Zeit an der Hotelbar und komme mit Aicha, sie arbeitet hier als Kellnerin, ins Gespräch. Sie ist nett und gut drauf und träumt davon, irgendwann einmal einen Friseursalon zu eröffnen. Am liebsten hätte sie nur Frauen, weil afrikanische Zöpfe bis zu vier Stunden dauern, das bringt Geld. Die Rasenmäherfrisuren der Männer bringen nichts ein. So spart sie sich das Geld zusammen. Hier bekommt sie 30.000CFA im Monat, das ist für sie viel - für mich sind es etwas mehr als 2 Übernachtungen im Hotel. So bin ich heute mal großzügig mit Trinkgeld.

Morgens, zum Frühstück, ist sie schon wieder da und voll im Stress. Eine Reisegruppe ist hier und will auch frühstücken.

Die Taxis kommen heute nicht so zahlreich. Wie das eben so ist - wenn man eines dringend sucht, kommt keines. Trotzdem finde ich nach einigen Fehlschlägen eines, das mich zum „gare routière“, in der Nähe des Flughafens, bringt.

Auf dem Gelände stehen auch die Buschtaxis nach irgendwo und entsprechend viele Menschen laufen hier herum. Der Bus der STC steht schon bereit, mein Gepäck wird verstaut. Der Oberstauer bekommt dafür 500CFA. Ich habe nur noch einen zerknitterten aber vollständigen 1.000CFA-Schein. Der Typ weigert sich erst, ihn anzunehmen. Ehe ich mich aufrege, lenkt er aber ein - Idiot.

Langsam rollen wir vom Hof. Der Bus ist nicht sehr komfortabel, hat keine Gardinen und keine Möglichkeiten, das Handgepäck zu verstauen. Er verfügt über 4-sitzige Reihen. Im Gang wird dann noch regelmäßig der Notsitz aufgeklappt. Der ist ausgerechnet an meinem Sitz befestigt und beengt mich doch sehr. Ich klappe ihn aus und teile ihn mit der Sitznachbarin auf der anderen Seite. Die findet das ganz klasse. Ihre Sitznachbarin ist nämlich ganz schön mollig.

Nach ca. 20km bleiben wir an der Straße stehen. Der Gas-Zug des Busses ist gerissen. Fast eine Stunde basteln Fahrer und Beifahrer daran herum um bis auf Weiteres eine Notlösung durch den Passagierraum zu basteln. Jetzt führt der Gas-Zug, unter meinem Sitz, durch den ganzen Bus zum Motor nach hinten. Man muss immer darauf achten, wo man hin tritt.

Die Fahrt ist sonst ganz angenehm. Die Fenster sind offen und die Sonne wird zeitweilig durch Wolken verdeckt. Wir kommen an anderen Dörfern vorbei. Zum Beispiel gibt es Häuser mit aufgemalten schwarzen Ornamenten. Oder, ähnlich den Dogon in Mali, mit kleinen putzigen separaten Getreidespeichern. Nur sehen die Dächer hier eher aus wie kleine Kaffeekannendeckel.

Der Busfahrer würde am liebsten bis zur Grenze durch brettern. Ein kleiner Aufstand unter den Reisenden bewegt ihn aber doch dazu, anzuhalten. Die Leute wollen Zwiebeln kaufen und stürzen aus dem Bus. „Wie bitte, Zwiebeln?“ Etwas ungläubig gucke ich aus dem Fenster. Wir stehen an der Straße kurz vor der Grenze und die Leute die auf den Bus zustürzen haben ausschließlich Zwiebeln. Nichts als Zwiebeln. Die sind offenbar sehr teuer in Ghana und so schleppen die Leute sie Tütenweise in den Bus.

 

 

 

Ghana

 

An der Grenze werden von burkinischen Grenzbeamten die Pässe eingesammelt und uns schon die ersten „Cedis“, das ghanaische Geld, angedreht. Ich tausche etwas zu einem saumäßigen Kurs. Wir müssen aber noch etwas warten, bis wir endlich die Pässe zurückkommen.

Ich bin ungeduldig, da wir doch schon ganz schön Verspätung haben. Auf der ghanaischen Seite bekommen die Ausländer wieder eine Vorzugsbehandlung. Es geht fix. Dafür darf ich als einer der wenigen mein Gepäck selbst zum Zoll tragen. Dort steht es blöd herum und alle Leute sind superschwerbeschäftigt.

Unser Busfahrer nutzt die Zeit, um seinen Gas-Zug wieder unter den Fußboden zu legen. Es ist sehr heiß und es dauernd sehr lange. Irgendwann werde ich zu meinem Rucksack gerufen. Eine mürrische Beamtin bedeutet mir, ihn zu öffnen. Missmutig greift sie kurz rein und mit einem undefinierbaren Laut, den ich als „alles in Ordnung, Sie können wieder gehen“ interpretiere, trage ich meinen Rucksack zurück zum Bus.

In Ghana ist vieles anders. Das beginnt schon damit, das es irgendwie grüner aussieht. Die Landschaft ist anders besiedelt und auch anders bebaut. Es scheint hier auch feuchter zu sein. War der Boden in Burkina noch sandig, wächst hier Gras. Auch bekommen die Häuser gelegentlich ein wenig Farbe ab und viele Dörfer sind mit Elektrizität versorgt.

Unser erster Halt ist Bolgatanga. Hier ist ein Depot der Busgesellschaft. Es wird getankt und der Bus endgültig repariert. Die Zeit vertreiben wir mit Essen und Trinken. Es ist alles da, das Angebot an Restaurants ist reichhaltig. Ich teste mein Handy und bin wieder im Netz - bereit für eine SMS.

Weiter geht es durch Ghana. Wir überqueren den „weißen Volta“, einer der Zuflüsse des Volta-Flusses und erreichen Tamale, der ersten großen Stadt in Ghana. Sie sieht tatsächlich aus , wie eine richtige Stadt. Feste Häuser, sehr sauber, erkennbare Strukturen und man legt Wert auf Straßenbegrenzungen. Viele bunte Verkehrsschilder und alles scheint geregelt. Da wir aber schon Verspätung haben, halten wir nur sehr kurz. Eigentlich wenden wir nur umständlich auf dem Busbahnhof und fahren weiter.

Die Straße ist gut und auch hier muss man sie bezahlen. An jeder Mautstelle gibt es aber Leute, die hoffen, dass der Bus lange genug hält, um noch ein kleines Geschäft zu machen. Besonders lustig sind die häufigen Zollkontrollen. Sie sind offenbar von den Hotels der Gegend gesponsert. Jedenfalls grüßt bei jeder Aufforderung zum Anhalten im Hintergrund ein namhaftes Hotel.

Ein weiteres mal überqueren wir den weißen Volta, diesmal ist er schon etwas breiter, und etwas später den schwarzen Volta, den zweiten Volta-Zufluss. Einen längeren Halt haben wir in Kintampo, was mal wieder ein typischer „gare routière“ mit seinen Straßenrestaurants und Marktständen ist.

Allmählich wird es dunkel. Die Sonne strahlt noch einige Wolken an - das sieht sehr beeindruckend aus - und die Landschaft verblasst immer mehr.

Beim nächsten Halt in Techiman ist es bereits dunkel. Es steigen wieder mehr Leute hinzu und meine Sitznachbarin gegenüber muss wieder ihren alten Platz einnehmen. Alle Notplätze sind belegt und das passt ihr gar nicht. Zum Glück sind es nur noch eineinhalb Stunden. In dieser Zeit bekomme ich leider kaum noch mit, dass die Landschaft sehr dicht bewaldet und die Luft deswegen sehr feucht ist.

Es regnet kurz und in der Nase spüre ich den intensiv feuchten Geruch des Regenwaldes.

Gegen 22.00 taucht ein Lichtermeer auf. Kumasi, die zweitgrößte Stadt Ghanas. Wir fahren recht lange hinein, zum Busbahnhof. Und es ist eine richtige Stadt. Keine übermäßig hohen Häuser, aber grundsätzlich mit einer oder zwei Etagen. Ganz anders als die eher dörflichen Bauten in Mali oder Burkina. Auch der Busbahnhof ist ein richtiger Busbahnhof.

Ein Taxi bringt mich zum „Sanbra- Hotel“. Dieses mal habe ich mich auf eine Empfehlung eines Taxifahrers verlassen und bin sehr zufrieden damit. Ich bin nämlich froh, ein sauberes Zimmer mit Klimaanlage zu bekommen.

Das Hotel-Restaurant hat gerade noch geöffnet. Etwas im Bauch, ein Bier, eine Dusche und ich falle ins Bett und schlafe sehr gut und fest.

Im Preis ist ein Frühstück enthalten, was aber für sich nicht reicht. Es besteht aus zwei großen, trockenen Toastscheiben und einem Spiegelei ohne Spiegel sondern fast nur Eiweiß. Butter, Marmelade und Saft muss man sich dazu bestellen.

Ach ja, der Einfluss des französischen Baguette ist hier zu Ende. Es gibt Toast, dickes Toastbrot, manchmal auch eingefärbt. Ich habe es schon in Knall-Gelb und Knall-Rot gesehen. Hier ist das Essen englisch. Auch sehen die Speisekarten hier völlig anders aus. Die Auswahl ist riesig und beinhaltet auch oft die asiatische Küche.

Ich erkunde die Stadt. Gleich in der Nähe ist ein Internet-Café. Ich bekomme Neuigkeiten von zu Hause und mache mir Sorgen um meinen Vater. Gegen Abend werde ich mal zu Hause anrufen, so viel ist sicher.

Beim Betreten der Straßen wird man fast „erschlagen“. Alles voller Menschen und die ganze Stadt ist ein Kaufhaus. Überall Waren, alles was das Herz begehrt und was teuer ist. Alle Qualitäten und alle Mengen. Teure Stereo-Anlagen, einfach so an der Straße aufgestapelt, und jede Menge Baumarktzeugs.

Der Musikmarkt macht eines ganz besonders deutlich: Ganz Ghana ist im Griff christlicher Sekten und seiner Exponenten. Es gibt mehr CDs (g)eifernder Prediger als Musik. Das gleiche bei den Videos. Selbst im Fernsehen sind sie dauernd. Alle paar hundert Meter gibt es eine „chapel“ oder eine „church“. Im Cafe „Vics Baboo“ läuft gerade der Fernseher - hier läuft natürlich überall ein Fernseher - und was zeigen sie? Einen Prediger. Als ich frage, ob man den Schrott nicht ausmachen kann - hier sind sowieso nur Europäer oder Nord-Amerikaner, die das nicht interessiert - trauen sich die Kellner erst nicht, tun es dann aber doch. Es ist fürchterlich. Dagegen sind ja so manche Kampf-Muezzine harmlos. Ach ja, der Islam hat hier wenig zu melden. Dafür bekommt er, sozusagen als „religious correctness“ trotzdem etwas Sendezeit zugebilligt.

Geldholen ist hier übrigens sehr leicht. Alle großen Banken haben Geldautomaten. Die Banken sind neu und gut durchorganisiert. Ebenso gibt es viele Supermärkte und tatsächlich alles zu kaufen. Kumasi hat auch den angeblich größten Markt Westafrikas. Das glaube ich sofort. Ein Blick auf den „Kejetia-Market“ zeigt es deutlich. Stände bis an den Horizont. Wer hier ohne Wasser hineingeht und sich nicht auskennt, verdurstet jämmerlich. Er ist einfach nur riesig. Ein einsamer Friseur hat dafür extra seinen Laden erhöht gebaut  (on the top) mit Blick über das Wellblechmeer.

Heute mache ich in Kultur. Kumasi ist die Hauptstadt des Ashanti-Reiches. Dieses Reich hat mal den größten Teil Ghanas ausgemacht. Die Briten haben zwar dem König sein Amt gelassen, ihm dafür aber sein Land weggenommen und ihm 1925 einen Palast spendiert. Dieser ist allerdings heute außer Betrieb und beherbergt das „Manhyia-Palace-Museum“. Der heutige König - es gibt ihn wirklich - ist nach nebenan in einen neuen Palast umgezogen.

Das Museum ist ganz interessant. Leider darf man nicht fotografieren. Dafür bekommt man eine Führung von einer reizenden Ghanaerin, die sogar meinen Humor versteht. Es beginnt schon mit dem Gelände. Hier sind ganz viele Pfauen und zeigen ihr Gefieder. In einem Hof stehen die Sänften für bestimmte Anlässe und die Trommeln, mit denen die früheren Könige mit ihrem Volk, selbstverständlich nur in eine Richtung, kommunizierten. Heute versteht niemand mehr den Trommel-Code - eigentlich schade.

Das Gebäude zeigt die verschiedenen Zimmer zum Regieren und Leben. Hier das Radio von König soundso und hier der Fernseher von König soundso. Dort das Geschirr und die Gläser und hier der Stuhl für diesen und jenen Anlass. Dann gibt es hier die Orden eines westafrikanischen Despoten und dort ein Foto des jungen König soundso nachdem er von den Briten im Fort Elmina gefangen gehalten wurde. Das erkennt man dann daran, dass sich der König nicht rasieren konnte und somit Bart und Haare trägt, was hier ungewöhnlich ist. Dazwischen sitzen lebensgroße Wachspuppen der jeweiligen Könige mit der Königinmutter an der Seite. Die ist es nämlich, die den König ausmacht und mitregiert. Wenn nämlich ein König stirbt, dann bestimmt die Mutter oder die nächste entsprechende, weibliche Verwandte über den Nachfolger. Es ist, wie gesagt, sehr interessant.

Ich gehe noch über Umwege durch die Stadt. Es ist ein buntes Treiben. Manchmal nerven einige Jungs und junge Männer mit ihrem „mei Frännd“, aber das bleibt eine verschwindende Minderheit. Trotzdem glaube ich, dass dieser Tag genug ist. Außerdem ist die Luft so schwül, dass ich schwitze wie ein Schwein und dementsprechend oft unter der Dusche stehe. So buche ich für den nächsten Tag eine Passage nach Cape-Coast.

Das Frühstück ist besser als gestern. Heute bestelle ich die Butter und den Saft gleich mit. Im Fernsehen läuft, wie gestern und wie wohl jeden anderen morgen, Teletubbies, den größten Mist, den man Kindern im Fernsehen antun kann.

Den restlichen Abfahrtstag verbringe ich noch mit Geldholen und Internet-Café.

Gegen Mittag  fahre ich zur STC, setze mich in den Wartebereich und, na was sonst, warte.

Relativ pünktlich kommt der Bus. Das Gepäck ist schnell verladen. Ehe es losgeht, meint der Fahrer, wir müssten erst zur STC-Servicestation, da irgendwas am Bus kaputt ist. Mal was Neues. Mein Sitznachbar im Gang öffnet seine Lektüre, eine kleine Broschüre eines dieser vielen charismatischen Prediger „Does God exist, Chapter one“. Er ist darin sehr vertieft und wirkt völlig abwesend.

Im Schritttempo kriechen wir quer durch Kamasi auf die andere Stadtseite. Warum müssen STC-Bahnhof und STC-Service-Station so weit auseinander liegen? Dort angekommen, dürfen wir alle aussteigen und der Bus kommt in die Werkstatt. Dunkle Wolken ziehen herauf, es ist ein Unwetter im Anzug. Wir stellen uns unter ein Dach und warten ab. Der Bus fährt derweil davon - Testfahrt. Plötzlich fegt ein Sturm über uns hinweg. Der Regen fliegt quer und Sand wirbelt durch die Luft. Das ganze dauert vielleicht eine halbe Stunde, hat aber so manchem Baum das Leben gekostet. Nach fast zwei Stunden dürfen wir wieder einsteigen. Nur ist das gar nicht unser Bus. Uns wird mitgeteilt, dass wir zum Bahnhof zurückfahren und dort das Gepäck aus unserem Bus in den neuen Bus umladen müssen.

Der Bus rollt zur Geländeausfahrt, dessen Tor immer geschlossen ist, obwohl sicherlich niemand zufällig hier heraufrollen würde, aber Ordnung muss sein. Jetzt stellt man fest, dass nicht genug Diesel im Tank ist. Also zurück und tanken. Wieder geht es zurück zum Tor, es ist immer noch geschlossen und irgendwie kommt auch niemand, um es zu öffnen. Jetzt erlebe ich, wie afrikanischer Gleichmut in echte Aggression umschlägt. Ein gelangweilt dreinblickender Wachmann wird so lautstark von den Passagieren zusammengeschissen und zur Arbeit getrieben, dass einem Angst und bange werden kann. Auch afrikanische Geduld ist einmal zu Ende. Der Wachmann kann das überhaupt nicht verstehen.

So arbeiten wir uns zurück durch Kumasi, stehen einige Zeit im Feierabendstau und landen wieder am Ausgangspunkt. Auch hier gibt es wütende Proteste an die Adresse der Busgesellschaft. Das Gepäck ist zum Glück schnell umgeladen und endlich, gegen 15.30, geht es mit 2,5-stündiger Verspätung los. Mein Sitznachbar schlägt wieder seine Broschüre auf. „Does God exist, Chapter one“.

Die Straßen sind nass und an vielen Stellen liegen umgeknickte Bäume oder verunglückte LKW. Der Sturm hat ziemlich stark gewütet. Während der ganzen weiteren Fahrt regnet und gewittert es heftig. Es sind wunderschöne Blitze dabei. Sie füllen manchmal die ganze Breite des Horizonts aus.

Die Landschaft ist hügelig, die Gegend war früher mal richtiger Regenwald ist nun aber fast komplett abgeholzt. Der neue Bewuchs ist vergleichsweise flach und besteht aus normalem Mischwald. Ghana ist ein großer Holzexporteur. Schon in Kumasi stehen große Holzfabriken, die riesige Holzmengen verarbeiten können.

Die Straße ist nicht mehr so doll und müsste auf den Straßenkarten eigentlich gestrichelt dargestellt sein. Genau so ist sie nämlich. Einiger hundert Meter gut, dann, wie abgeschnitten, Piste. Nach einigen hundert Metern wieder tolle Straße und plötzlich, Schnitt, Schlagloch an Schlagloch. Und so weiter und so fort. Entweder Vollgas oder Vollbremsung. In der Dunkelheit wird der Fahrer besonders mutig und brettert durch den Regen.

Nach einem sehr kurzen Stopp zwischendurch erreichen wir im dunkeln Cape Coast. Der STC-Bahnhof ist ganz woanders, als im Reiseführer beschrieben. So sitze ich noch einige Zeit im Taxi.

Ich frage den Fahrer, ob er jemanden weiß, der ein Auto vermietet. Na klar, sagt er und steuert auch sofort einen Kumpel an. Zum Glück liegt es auf dem Weg zu meinem ausgewählten Hotel. Sein Kumpel hat 4 oder 5 recht neue Schlitten. Etwas groß vielleicht aber jedenfalls weiß ich nun, welche Kosten mich erwarten. Es ist auf jeden Fall günstiger als in Mali.

Erst gucke ich in Sammos Guesthouse, stelle fest, dass die Zimmer keine Klimaanlage haben und gehe nach nebenan ins Amkred Guesthouse. Es ist günstig und die Leute sind nett. Ich frage, wo es denn ein Restaurant gäbe.

„Ja, da musst Du mit dem Taxi zum Castle-Restaurant fahren.“ „Mit dem Taxi?“ „Ja, denn es ist sehr dunkel dort.“ So etwas schreckt mich natürlich nicht ab und so finde ich mich zu Fuß, im dunkeln, in unbekannter Stadt auf dem Weg zum Restaurant wieder. Ich finde es ohne Umwege, der Weg ist aber tatsächlich etwas weit und für viele sicher etwas unangenehm zu Laufen. Aber es ist kein Problem. Das Restaurant liegt genau unterhalb des Cape-Coast-Castle und am Strand. Das Essen ist lecker und die Atmosphäre auch. Guten Mutes mache ich mich auf den Rückweg und finde auch problemlos mein Hotel.

Die Nacht verläuft angenehm, gegen die laute Klimaanlage hilft Lärmstopp. Jedoch bin ich sowieso ziemlich erschlagen und schlafe schnell ein.

 

Morgens bekomme ich ein leckeres Frühstück. Natürlich läuft hier schon morgens der Fernseher. Es scheint hier ein landesweites Problem mit Kindersex zu geben. Zumindest läuft ein ausführlicher Werbespot, der Kindern zeigen soll, wie man sich gegenüber geilen, handgreiflichen Männern verhalten soll. Sie sollen dann einfach nur laut Schreien und sich dem nächsten vertrauenswürdigen Erwachsenen anvertrauen. Angeblich kommen solche Männer dann sofort ins Gefängnis. Na, wollen wir es hoffen.

Der Tag beginnt sehr gut. Cape Coast ist ein buntes, munteres, kleines - Städtchen mit relativ viel Tourismus. Wie Rest-Ghana ist hier alles religiös und überall kommt christliche Musik aus den Lautsprechern. So ziemlich alle Geschäfte sind Gott oder Jesus gewidmet. So heißt ein Bekleidungsgeschäft „Gods Love Fashion“ oder ein Restaurant „God is the King Restaurant“ und so weiter ...

Die Banken spucken heute kein Geld für mich aus. Entweder geht Visa nicht, oder mein Konto ist ausgereizt. Ich versuche es morgen noch mal. Im „Cyber City“ gibt es gute und schnelle Verbindungen und in der Nähe finde ich noch eine Reiseagentur, die auch Autos verleiht, zum Preisvergleich. Er ist sogar noch günstiger als der Typ von gestern. Da werde ich morgen mal versuchen zu handeln.

Ich gehe durch die Straßen. An einigen Stellen sind zu beiden Seiten kleine Festzelte aufgebaut, riesige Verstärkeranlagen stehen daneben und unter den Zelten sitzen viele Leute im besten Zwirn, teilweise traditioneller Tracht. Die Frauen tragen ihre, sonst kunstvoll um den Kopf gewickelten, Tücher schwarz. Es ist Freitag und Freitags werden die Totenfeiern abgehalten. Wer also am Sonnabend stirbt, muss bis zum nächsten Freitag warten. Die Feiern dauern dann auch gleich drei Tage.

 

Cape Coast besitzt eine große Festung, eine Anlage, die durch so manche Hände gegangen ist und am Schluss die britische Kolonialregierung beherbergt hat. Der Eintrittspreis ist nach Herkunft gestaffelt. Als Europäer zahle ich selbstverständlich mehr und bekomme dafür auch gleich ein ganzes dutzend Eintrittskarten.

Die Festung ist riesig und hat im Untergeschoß ebenso riesige, schreckliche Verliese für die vielen tausend Sklaven, die hier durchgeschleust wurden. Die Anlage ist sonst leer, es gibt keine Möbel und kein sonstiges Inventar. Sie bedarf dauernder Instandsetzung und so manchen Raum hätte ich wegen morschem Gebälk längst für die Öffentlichkeit geschlossen.

Ich esse noch eine Kleinigkeit im „Castle Restaurant“ und mache mich, kreuz und quer durch den Ort, auf den Rückweg. Den Nachmittag und den Abend verbringe ich mit Siesta, weiteren Planungen, netten Gesprächen mit den Betreibern meines Hotels und Reisebericht-Schreiben.

 

Ein Frau vom Hotel-Team kommt frisch herausgeputzt in den Gastraum. „Oh, wie hübsch“, sag ich (schleim ich), „Wollen Sie heute Abend ausgehen?“. Ich weiß nicht, was eine Afrikanerin macht - eine Europäerin würde jetzt erröten. „Nein, sie geht natürlich früh ins Bett. Das ist schon für morgen, für die Kirche“. So ist das hier in Ghana.

Als ich später zufällig den Typ von gestern Abend zwecks Mietwagen wieder treffe - eigentlich hat er eher mich getroffen - habe ich ihn - natürlich - zuerst nicht wieder erkannt. Wir machen einen Termin, zwecks Preisdiskussion. „Aber nicht morgen Vormittag - da bin ich in der Kirche“.

Ich gehe noch mal aus. Das Restaurant „Oasis Beergarden“ soll gaaaanz toll sein. Es kann ja nicht schaden, für ein Bier einmal hineinzuschauen. Am Eingang muss ich, allerdings sehr wenig, Eintritt zahlen. Drinnen ist eine schöne Anlage mit kleinen Pailottes (Strohdächern) und einer Freiluft-Bar. Es gibt auch eine Tanzfläche, die Musik ist laut und der Sound grottenmies. So muss es sein in Afrika: Hauptsache, es scheppert.

Offenbar zum Inventar gehören einige dieser gelangweilt dreinblickenden, zugedröhnten Typen, Marke Beachboy, die nur dazu da sind, sich auf die Touristen bzw. Touristinnen zu stürzen und sie mit dummen Zeugs voll zu müllen.

Frage: „From where do you come from?“ Antwort und Frage: „From here and there, and you?“ Gegenantwort: „I am from here.“ Letzte Bemerkung meinerseits: „From here? From Ghana?  I can’t believe it.“

Der Typ guckt mich entgeistert an und trollt sich. Diese Runde habe ich gewonnen. Ansonsten ist es hier langweilig. Zum Essen ist es wenig geeignet. Es sei denn, man ist schwerhörig. „Wie ist das Essen?“ „Häää?“

Ich gehe ein Stück weiter zum „Castle Restaurant“. Hier wird man zwar schwer von einem brennenden Müllhaufen eingenebelt, dafür ist die Musik leiser und man hört das Meer. Viel Lust habe ich aber nicht mehr. Ich gehe nach Hause. Auf dem Weg werde ich immer wieder von Leuten angesprochen, oder eher angerufen, die am Straßenrand bei ihren Ständen übernachten. „Where are you going?“ „Here and there.“ „Ok.“

Das war‘s. Es ist eigentlich gar nicht so schwer, sich die Leute, falls nötig, vom Leib zu halten.

Heute ist Sonntag. Ein Tag um eigentlich nichts zu tun. Die Straßen sind heute weniger bevölkert , denn heute ist Kirchgang angesagt. Ich habe dazu weniger Lust. Kathrin und Hans, zwei deutsche, die in meinem Guesthouse logieren, haben sich eine Kirche ausgesucht, die halbwegs kühl ist. Der Kirchenbesuch an sich ist ntürlich schon ein Erlebnis für sich. Es wird eine richtige Party und dauert bis zu drei Stunden. Es wird gebetet, gesungen, getanzt und sich getroffen - überaus kommunikativ. Ich entscheide mich für einen Spaziergang am Wasser entlang, in Richtung Elmina, einige Kilometer von Cape Coast entfernt. Es ist bereits jetzt, am Vormittag, sehr warm. Die beste Möglichkeit, sich Sonnenbrand und Sonnenstich gleichzeitig zu holen und eine echte Herausforderung an die Vernunft.

Es geht immer an der Straße entlang. Der Strand ist zwar mehr links, aber hier ist mehr Schatten. Immer wieder komme ich an Kirchen und anderen Gotteshäusern vorbei. Sie bersten vor Menschen, es wird mal getragen gesungen, mal wild getrommelt und einmal kommt eine anglikanische Prozession aus einer Aula, die zu einer der vielen konfessionellen Privatcolleges gehört.

Links säumen Palmenreihen den Platz zwischen Strand und Straße. Dazwischen ist ein Trampelpfad - im Schatten. Es ist sehr angenehm zu laufen, es ist kühl und vom Meer kommt eine angenehme Brise. Hier und da holen Fischer ein Netz herein. Es wird von Land aus gefischt. Ein Boot bringt das Netz aus und an Land stehen zwei Gruppen Leute bereit, das Netz wieder einzuholen. Dazu ziehen sie alle gleichzeitig am Seil und stabilisieren es an einer Palme, wo das Seil immer einen Schlag herumgewickelt wird. Die Palmen haben deswegen schon tief eingefräste Rillen.

Das Netz ist schwer und die Kraft ist groß. Die Leute ziehen feste am Netz. Es bewegt sich kaum. Jede Gruppe versucht durch Gesang, den immer einer anstimmt und dem die anderen im Refrain folgen, ihre Kräfte zu bündeln. Je nach Takt ändert sich die Melodie. Wir eine gut geölte Maschine greifen die Arme gleichzeitig das Seil und bewegen sich die Körper zum Klang der Melodie. Eine Gruppe bevorzugt schwere Gesänge, passend zu großen, ausholenden Bewegungen und ein paar Meter weiter singen Kinder und kleinere Männer eine lustige Melodie, die auf kurze schnelle Griffe ausgelegt ist. Das sieht aus, als wenn Trolle bei der Arbeit sind. Jede Gruppe hat ihre individuellen Gesänge. Abgestimmt auf die Leute, die hier arbeiten, ob sie genügend Raum zum Ziehen haben oder sie im Sitzen ziehen müssen, die Beine in den Sand gestemmt, da der Strand zu schmal ist. Diese vielen unterschiedlichen Motivationsgesänge stehen dann im krassen Gegensatz zu den getragenen oder auch schwungvoll choralen Gesängen der Kirchen auf der anderen Straßenseite. Die Kirche ist offenbar nicht für die Fischer, die müssen nämlich auch am Sonntag ihre Netze einholen.

Am Strand kommt schon frühzeitig Elmina in Sicht. Diese Stadt liegt zwar 20km von Cape Coast entfernt, erscheint aber optisch verlockend nah. Fast bin ich versucht bis Elmina durchzulaufen. Der Weg ist schön, es gibt viel zu sehen und die Sonne spüre ich kaum wegen der Brise. Diese Scheinsicherheit macht mich aber stutzig und so siegt schließlich doch ein wenig Vernunft. Ich gehe ein Stück an der Straße weiter, vorbei an Fischverkäuferinnen und an Jungen, die Krebse, drapiert auf einem großen Bananenblatt, verkaufen. Die Leben natürlich noch, sind auf dem Blatt festgebunden und werden gemeinsam im kochenden Wasser tafelfertig gemacht.

Per Taxi gelange ich schnell wieder nach Cape Coast. Die Banken geben noch immer kein Geld aus dem Automaten.

Im Castle Restaurant esse ich noch eine Kleinigkeit und wende mich meiner Siesta zu. Nachmittags und Abends gebe ich noch dem ersten Autoverleiher eine Chance, mit mir ins Geschäft zu kommen. Er ist nicht da. Ein Geschäftsmann, der nicht da ist, macht eben kein Geschäft. Ich wollte ihn ja eigentlich nur noch etwas herunterhandeln.

Heute esse ich im Hotel. Die Crew kocht offenbar sehr gerne für mich. Ich muss mich aber schon frühzeitig entscheiden, da alles noch eingekauft werden muss. Die ghanaische Küche ist absolut klasse.

Der Himmel zieht sich zu, seeehr dunkle Wolken sind im Anmarsch und es blitzt und donnert. Regen kommt nicht so viel herunter, aber es wirkt sehr beeindruckend.

Abends treffe ich mich noch mit Kathrin und Hans im „Oasis Beergarden“, der heute mal sehr ruhig ist. Trotzdem ist hier nichts los.

Der Montag ist auch mein Abreisetag. Zu Fuß gehe ich, hoffentlich zum letzten mal, die Straße am „castle“ vorbei zum Stadtkern. Hier sind alle Banken versammelt und hier ist Cyber City. Die Geldautomaten ignorieren mich noch immer und das Internet läuft nicht. In der Barclays Bank kennen sie zumindest Mastercard und so bekomme ich irgendwann meine 2,5 Millionen Cedis für den Wagen. Beim Autoverleiher muss ich noch etwas warten, dann wird mir mein Wagen, ein BMW316, vorgeführt. Er ist schon etwas älter, kitschig ausgestattet und hat kein Reserverad. Den Kitschkram habe ich schnell entfernt. Mit dem Reserverad wird es schon schwieriger. Mit dem Boss des Autoverleihs steuere ich eine Reifenwerkstatt, eine der vielen Straßenbetriebe, an. Die behaupten zwar ein passendes Rad zu haben, leider passt es überhaupt nicht und schon der Versuch, das Rad zu wechseln erweist sich als schwierig. Als die Leute in dem Augenblick, wo sie Probleme bekommen, das alte Rad einfach wieder festschrauben und ein anderes probieren wollen, sag ich „Moment mal. Es wäre doch schön, wenn es funktionieren würde. Offenbar klappt hier was nicht.“ Doch doch, es geht schon - nur etwas schwer.“ „Na das will ich sehen, das glaube ich nicht“. Mit einiger Mühe bekommen sie das Rad ab und mit viel mehr Mühe die andere Felge wieder rauf. Das kann ja heiter werden. Der Wagenheber ist ein Witz, eher für Spielzeugautos, ich bestehe auf einen Neuen, der auch sofort gekauft wird.

Wir steuern, nachdem ich zwischendurch noch mein Gepäck aus dem Hotel geholt habe, noch eine andere Werkstatt an. Es ist eine BMW-Werkstatt, bestehend aus einem flachen Strohdach als Schattenspender, ziemlich abseits der Straße und schwer über kleine Schlammwege zu finden. Hier gibt es endlich das Reserverad. Trotzdem scharre ich schon mit den Füßen. Ich will endlich los. Dann habe die tolle Idee, vielleicht meinen restlichen Ghanaaufenthalt mit dem BMW zu machen. Wenn das gut läuft, könnte ich ja den Wagen noch ein paar Tage länger fahren. Mal sehen.

Die Straße zum Kakum-Nationalpark ist einfach, immer geradeaus. Vorher laufe ich aber noch die „Hans Botel Cottages“ an. Hier liegen, wunderschön an einem Teich gelegen, einige Häuser einer Hotelanlage.

Ich bin da eher zufällig drauf gestoßen. Der Lonely Planet hat es nicht erwähnt - der weiß aber sowieso nicht so viel.

Das Hotel ist nicht teuer, Kreditkarten werden akzeptiert und die Zimmer sind gut ausgestattet.

Anschließend fahre ich weiter. Der Tank ist leer, die Anzeige blinkt bereits. Es soll aber jede Menge Tankstellen geben. Wirklich? Eine Markentankstelle linkerhand hat keinen Strom für die Zapfsäulen. „Wann kommt denn die nächste?“ „Hier kommen laufend welche.“ „Laufend?“

Ich durchquere einige Dörfer und sehe nur ein paar vorsintflutliche Pumpen - wohl eher was für Trecker. An der Straße stehen ein paar Jungs und winken. Ich halte an und einer will zu dem Dorf direkt vor dem Park. „Klar“, sag ich, „steig ein“. Ich frage ihn nach einer Tankstelle. „Klar, es gibt ne ganze Menge.“ „Ne ganze Menge?“ Ich bitte ihn, mir rechtzeitig Bescheid zu sagen. Völlig unvermittelt sagt er: „Dort, bei der weißen Hütte.“ Ich sehe nichts. Dann erkenne ich die komischen Pumpen. Hier gibt es „super“? So heißt nämlich das Benzin hier. Ich gucke etwas ungläubig.  Klar doch, „super“ und „diesel“.

Ein anderer Junge kommt aus der Hütte und sagt mir, welche Pumpe für meinen Wagen ist. Sie ist rein mechanisch und hat zwei Säulen à einer Gallone. In dem Augenblick, wo eine Säule leer gepumpt ist, wird die andere gefüllt. Dann wird umgeschaltet und die andere Säule geleert. So müssen bei uns die Tankstellen vor 80 Jahren ausgesehen haben. Hier hat jedes Dorf so eine und sie sind völlig unabhängig. Nicht nur von den Ölkonzernen, sondern auch vom Strom. Sie können sich irgendwie gegenüber den großen Tankstellenketten behaupten. So kaufe ich 4 Gallonen für 20000 Cedis, ca. 2,5 €.

Im nächsten Dorf steigt mein Fahrgast aus und kurz dahinter führt ein kurzer Weg zum Kakum-Nationalpark. Hier ist ein Stück Regenwald mit seinen Bäumen und seinen Tieren geschützt. Der wahre Clou ist allerdings ein System von Hängebrücken aus Drahtseil und Alu-Stegen, das in teilweise 45 Metern Höhe von 2 Kanadiern und 6 Ghanaern durch den Wald gebaut wurde. Es ist gewaltig, man darf bloß nicht nach unten gucken.

Ein Führer mit dem schönen Namen „Still-Alive“, er heißt wohl wirklich so, weist mich ein.

Ich habe sofort, Nomen et Omen, Vertrauen zu ihm. Und ich darf die Brücken alleine benutzen. Das hat den Vorteil, dass sie dann nicht schwanken. Denn gerade das kann dann schon ziemlich ungemütlich werden.

Als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, kommt mir eine große Gruppe Ghanaer entgegen, darunter auch einige füllige Mamas. „Wie war das ?“, frage ich „Still-Alive“, „die Brücken tragen bis zu acht Tonnen?“ Er grinst und wir versuchen uns beide auszumalen, welchen „Spaß“ diese Gruppe wohl auf den Brücken haben wird.

Auf dem Rückweg fragt „Still-Alive“ noch, ob ich ihn ein Stück mitnehmen kann, klar doch.

Das „Hans Botel“ ist schnell wieder erreicht. Mein Zimmer ist klasse, ich esse noch etwas und mache dann Siesta. Leider kann ich  nicht duschen, weil Handwerker gerade da waren. Außerdem gibt es kein Fernsehen, weil die zentrale Versorgung nicht funktioniert und auch das Internet geht hier nicht. Sonst ist es nett.

Die Hotelanlage ist berühmt für seine Krokodile, die im Teich schwimmen und in dem einige Pavillons gebaut sind.

Am späten Nachmittag, nach dem ich ein paar mal wegen der Mängel bei der Rezeption war und danach ein Bier brauchte, gehe ich zurück ins Zimmer, als mich ein Ghanaer mit „Alles klar?“ begrüßt. „Wie, Sie können deutsch?“ „Klar, ich war 9 Jahre in Hamburg“ Der ältere Mann war in den 60er und 70er Jahren in Hamburg und hat sich sein Studium am Berliner Tor durch Singen im Operettenhaus mit Freddy Quinn verdient. „... Junge, komm bald wieder ...“

Ich erzähle ihm, was ich so treibe und frage ihn was er hier macht. „Ich bin der Besitzer“. Jetzt erinnere ich mich dunkel an sein Bild auf der  Website www.hansbotel.com. Er betreibt schon länger sein Hotel und ein weiteres in Accra. Über seine Satellitenschüssel läuft das Internet für ganz Cape Coast. Leider hat der letzte Regen seinen Router und einiges mehr zerlegt und somit hat fast ganz Cape Coast kein Internet.

Die Krokodile, sagt er, sind mitnichten hier ausgesetzt. Er musste wegen der Regenfälle, die permanent seinen Zufahrtsweg zerstörten, einen Damm bauen. Daraufhin ist ein Teich entstanden und später kamen aus dem nahen Regenwald die Krokodile. Nach der Regenzeit, wenn der Teich einen hohen Wasserstand hat, laufen die auch schon mal auf dem Gelände herum. Sie sind aber „gaaaanz harmlos“.

Man sitzt klasse unter dem offenen Restaurantdach mitten im Teich. Die Gebäude sind auf Stelzen gebaut und mit Stegen verbunden. Nur die Zimmer sind auf dem „Festland“.

Abends bekomme ich wahnsinnige Kopfschmerzen, als wenn mir der Kopf platzt. Relativ früh gehe ich dann ins Bett. Selbst Tabletten wirken kaum. Hin und wieder stimmen einige tausend Frösche, so klingt es jedenfalls ein Quak-Konzert an.

Dann, gegen 2.30 weiß ich auch den Grund für meine Kopfschmerzen. Ein gewaltiger Sturm bricht los und fegt über uns hinweg. Mächtige Regengüsse stürzen vom Himmel und die Bäume biegen sich weit herunter. Ein Bambus schlägt immer gegen das Wellblechdach meines Zimmers. Es klingt, als ob dort dauernd ein Baumstamm rüberrollt. Blitze zucken im „Drei-Sekunden-Takt“ durch den Nachthimmel. Der Regen ist aber so laut, dass man den Donner nicht mitbekommt. Der Lärm ist so stark, dass an Schlaf nicht mehr zu denken ist. Das Gelände ist, um Strom zu sparen, mit Bewegungsmeldern ausgerüstet. Jetzt geht permanent das Licht an- und aus, vermischt mit dauernden Blitzen am Himmel.

Nach über einer Stunde beruhigt es sich wieder, der Sturm lässt nach. Nur das Gewitter dauert bis in den frühen Morgen.

Der Regen hält noch lange an und ich überlege, ob ich nicht noch eine Nacht ranhängen soll. Da ich aber doch keine Lust habe, den ganzen Tag dem Regen zuzuhören, zahle ich meine Hotelrechnung an der Rezeption, setze ich mich in mein Auto und fahre los.

Am Ortsausgang von Cape Coast steuere ich eine Tankstelle an und tanke voll. So voll, dass das Benzin aus irgendwelchen geheimnisvollen Löchern literweise wieder herausläuft. Das Auto ist nicht das Neueste und der Tank somit auch nicht. Es steht plötzlich in einer großen Benzinpfütze.

Vorsichtig lasse ich mich von der Zapfsäule schieben, ehe ich den Motor anlasse. Also: Viel fahren, bis der Benzinpegel unterhalb der Löcher fällt.

Ein weiteres Problem ist die Lenkung. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit beginnt sie stark zu schlackern. Also fahre ich langsam. Der Regen hat mittlerweile aufgehört; es bleibt aber durchgehend bewölkt. Ich bekomme heute also bestimmt kein Sonnenproblem.

Da mein Bargeld zum größten Teil für den Wagen draufgegangen ist, suche ich eine Bank. In Takoradi werde ich zwar relativ schnell fündig, werde aber gleich zu einer anderen Filiale am Hafen weitergereicht. Hier klappt alles bestens. Visa geht aber immer noch nicht.

Rund um Takoradi gibt es eine Vielzahl von Lodges und Strandrestaurants. Sie sind zwar nicht alle geöffnet, liegen aber zum Teil schön nah am Strand. Bei denen wird der nächtliche Sturm wohl auch ordentlich gewütet haben.

Ich erreiche die Abzweigung nach Busua. Hier ist das „Busua Beach Resort“, eine feine und teure Hotelanlage mit Anbau für Budget-Touristen. Ich nehme ein Zimmer mit „common bath“. Den richtigen Luxus hebe ich mir für einen späteren Zeitpunkt auf. Der Wagen ist noch nicht einmal kalt, da beginne ich schon mit meiner „Castle-Tour“.

Nicht weit entfernt liegt Dixcove, ein kleines Fischerstädtchen, über das stolz das „Fort Metal Cross“ thront. Eine kleine Straße führt zum Hafen, ein Meer von bunten Fischerbooten mit knallbunten Fahnen an Bug und Heck füllen den kleinen Hafen, eine kleine Bucht, aus. Das Wasser reicht bis auf wenige Meter an die Häuser heran. Der gestrige Sturm muss  reichlich Wasser in das Dorf gedrückt haben. Ich schlängele mich mit dem BMW so weit es geht zum Hafen. Das Auto passt überhaupt nicht hierher. Es wirkt wie ein Stilbruch. Ein Junge wird den Wagen für mich bewachen. Andere Kinder kommen angelaufen und pumpen mich nach Geld an. Die Erwachsenen nehmen seltsamerweise kaum Notiz von mir.

Eine Treppe führt auf den Berg mit der Festung. Diesen Weg haben damals die Sklaven nehmen müssen um auf das Sklavenschiff zu gelangen. Von oben hat man einen schönen Blick.

Aus der Entfernung sieht das Dorf besonders pittoresk aus und die Müllhalden sind leichter zu übersehen. Ich gehe einmal um das Fort herum und entdecke eine kleine Baracke. Hier sitzt ein Mann, der Führungen für Touristen macht. Er zeigt mir sehr engagiert seine kleine Festung mit seinen Verliesen für die Sklaven, den Festungsmauern mit seinen Kanonen, den Waschräumen und den Räumen, wo der Kommandant gewohnt hat.

Aus dem Ort geht es dann ganz leicht wieder hinaus. Die Straße lässt große Geschwindigkeiten zu und schnell lande ich wieder auf der Zufahrt nach Busua, zu meinem Hotel. Kurz davor allerdings lockt das Schild „Fort Batenstein, Dutch, 1656, 5km“. Es geht zwar über Sandpiste, fährt sich aber ausgezeichnet. Schnurgerade geht es ins Land, rechts und links ist dichter Wald. Regelmäßig treffe ich auf Menschen, die Ölfrüchte aus den Palmen schneiden - für Palmöl.

Nach einigen Dörfern werde ich stutzig. 5km ? Ich frage einige Leute - „das Fort, immer geradeaus“. Also weiter. Der Wagen hat zwar keinen funktionierenden Tacho, aber die 5km sind schon längst überschritten. Ich frage wieder. „Klar, immer geradeaus.“ Ich glaube es einfach nicht.

Die Englischkenntnisse auf dem Land sind eher marginal. Und wenn sie ein Fort kennen, dann das Fort in Takoradi, der nächst größeren Stadt. Dank dieser mangelhaften Ortkenntnis haben sie mich quer durch Ghana geschickt. Sie kennen zwar Orte, die etwas weiter entfernt sind, aber nicht mal eben das Dorf um die Ecke.

Völlig anders als in Mali. Also kehre ich um und finde einen unmarkierten Abzweiger nach links, Richtung Meer. Ich frage mal wieder einige Leute am Wegesrand. „Klar, da ist das Fort“. Wollen doch mal sehen. Wieder fahre ich durch Dörfer, werde mit „hallo“ begrüßt, bleibe fast im Schlamm stecken und erreiche endlich das kleine Fischernest Butre. Hier thront hoch oben auf einem Berg ein kleines Fort. Es ist aber nur noch eine Ruine. Für ein Foto langt es aber allemal.

Den Abend und die Nacht verbringe ich im „Resort“ - die Küche ist nicht doll und es ist nicht viel los. Nachts ist auch noch der Strom weg. Dafür war diese Nacht trotz „budget“-Preis zu teuer.

Gleich morgens, nach dem Frühstück, fahre ich weiter. Zuerst fahre ich nach Westen, in Richtung Elfenbeinküste: Dort wird aber das land flach und die Festungen rar. Ich drehe wieder um.

Ich versuche Axim zu erreichen, wo das Fort St.Anthony steht. Es ist eine wunderschöne Straße. Gelegentlich tauchen ein paar Schlaglöcher auf, es fährt sich aber sehr gut. Die Landschaft ist grün, waldig und flach. Manchmal kann man sogar das Meer sehen.

Es gibt Schilder für Axim. Das erste übersehe ich, das zweite beschreibt einen Fußpfad und das dritte führt unter anderem zu einem Beach Resort. Ich fahre noch ein Stückchen weiter bis Kikam. Dann drehe ich um und nehme den Weg zum Beach Resort. Von hier führt eine schmale Straße am Strand entlang in Richtung Axim.

Die Straße wirkt allerdings nicht gerade vertrauenserweckend. Einige Teile sind vom letzten Sturm weggespült worden. Ein Fischer meint, das die Straße nach Axim für ein Auto nicht benutzbar ist. So drehe ich um, ruckele zur Hauptstraße zurück und trete den Rückweg an. So finde ich doch noch die richtige Abzweigung nach Axim. Es ist eine richtige, kleine Straße. Sie führt durch ein paar Dörfer und endet am Hafen von Axim. Jetzt setzt wieder ein Wolkenbruch ein. Ich stehe mit dem Wagen gegenüber dem Hügel auf dem das Fort St.Anthony steht und beschließe, den Regen Regen sein zu lassen. Nach einem Foto - der Vollständigkeit halber - kehre ich um. Man muss ja nicht alle Forts besichtigen. Auf dem Rückweg komme ich in einen weiteren Wolkenbruch. Man kann keine 10m gucken und die Scheibenwischer kommen nicht dagegen an. Jetzt muss man wirklich sehr langsam fahren. Zum Glück sind diese tropischen Regengüsse aber nur von kurzer Dauer.

Ich lasse Takoradi rechts liegen und versuche Sekondi zu erkunden. Diese Stadt ist sehr interessant. Es gibt viele alte Gebäude, vom Meer angenagt und von der Luft zerfressen. Die ganze Stadt strahlt diesen morbiden Charme aus, den ich so mag. Der größte Teil sitzt auf Hügeln. Beim Versuch einen Ausgang zu finden, verfahre ich mich fürchterlich, weil alle Straßen auf den Hügeln enden. Nur durch Zufall erreiche ich wieder die Hauptstraße.

Kurz vor Elmina biege ich nach Dutch-Komenda ab. Hier gibt es das ehemalige Fort Vredenburg und ein namenloses britisches Pendant auf beiden Seiten eines kleines Flusses. Als ich durch das Dorf rolle - ein BMW fällt hier richtig auf - suche ich vergeblich eine Ruine. Ein Mann spricht mich an und möchte mich führen. Das ist wohl besser. So kann ich mich besser im Dorf bewegen und Fotos machen. Das britische Fort ist schnell gefunden. Um es zu erreichen, hätte ich entweder mit einem Boot den Fluss überqueren müssen oder mit dem Auto zurück zur Hauptstrasse fahren und einige Kilometer weiter einen anderen Zugang nach Komenda finden müssen. Es gibt allerdings mitten im Dorf den Korpus einer Betonbrücke, die den Fluss bereits überspannt. Leider hat sie keinen Belag und keine Auffahrten. Es ist eine Ruine, die der letzte  Präsident vor dem Rawlings-Putsch noch initiiert hat. Seitdem sind viele Jahre vergangen.

Die holländische Ruine hätte ich übrigens niemals alleine gefunden. Sie ist mitten im Dorf, nicht sehr hoch und die Reste dienen den Leuten als Häuserwände. Das ehemalige Krematorium für die verstorbenen Sklaven dient als Ziegenstall.

Trotzdem schwer beeindruckt fahre ich zurück zur Hauptstraße. In Elmina fahre ich schnurstracks durch den Ort zum St.Georges-Castle. Die Durchfahrt ist schön, der Ort ist bunt und angenehm. Ich überquere eine Brücke über den Fischereihafen und stelle den Wagen auf den Parkplatz vor dem „castle“. Einige Jungen kommen auf mich zu und quatschen mich gleich mit dem „english, dutch, german?“- und „whats your name“-Müll voll.

Sie warten überhaupt nicht, ob du reagierst, sondern quatschen einfach weiter. Dann zücken sie den obligatorischen Zettel, wo Geld für die Schule oder den Fußballverein gesammelt wird und man sich und seinen Betrag auf einer fotokopierten Liste eintragen kann. Ich erkläre ihnen, dass ich diese Masche aus fast allen Ländern Westafrikas kenne und habe darauf hin meine Ruhe.

Die Besichtigung des „castle“ ist sehr spannend. Es sind zwar auch hier nur leere Räume, aber die Aussicht auf Elmina, seinen Hafen und das gegenüberliegende Fort St.Jago ist einfach klasse. Im Burg-Restaurant esse ich noch etwas, erkunde Elmina, kaufe ein paar Andenken und verlasse im kochend heißen Auto den Ort.

 

Ich suche eine Unterkunft und hoffe auf ein komfortables Resort. Das „Elmina-Beach-Resort“ verlangt teure Preise. Die Frau an der Rezeption geht zwar mit dem Preis stark herunter, mir ist das aber immer noch zu teuer.

Einige hundert Meter weiter finde ich dann die ultimative Bleibe. Sie heißt „One Africa“, besteht aus fünf wunderschönen Hütten mit neuen Möbeln und ist ein Familienbetrieb. Der Boss macht gerade mit Kindern aus der Umgebung ein Fotoshooting mit Trommeln und Tanz für Brieffreunde in USA. Die Amerikaner spielen hier eine große Rolle. Jede Hütte ist einem amerikanischen Bürgerrechtler gewidmet und im Wohnzimmer vom Boss hängen hunderte Bilder aus Amerika.

 

Es ist schön hier. Ich liege in einer Hängematte und hoffte, ich hätte ein dutzend Bücher. Dies wäre der beste Platz zum relaxen. Unstörbares Meeresrauschen und Ruhe. Zum Essen gehe ich zu „Mable’s Table“ nebenan. Die Küche ist klasse, die Atmosphäre ist toll. Dann bricht ein Wolkenbruch los. In diesem Augenblick bekomme ich die Rechnung und stelle fest, dass ich nicht genug Geld dabeihabe. Peinlich, peinlich. So stapfe ich in Badelatschen durch den Regen zu meiner Hütte, leihe mit erst dort einen Schirm, hole Geld und kehre zum Restaurant zurück. Inzwischen hat der Regen natürlich aufgehört, ich bin nass bis auf die Knochen und trage den Schirm völlig sinnlos mit mir herum. Ein letztes Bier trinke ich noch im „One Africa“ , begebe mich in meine Hütte und lausche dem Meeresrauschen.

Am morgen bekomme ich ein gutes Frühstück und fahre zurück nach Cape Coast. Dort gehe ich zur Bank und stelle fest: Visa spricht wieder mit mir.

Im Cyber Café surfe ich noch eine Runde, ehe ich Cape Coast in Richtung Accra verlasse. Die Straße führt zuerst relativ nahe am Meer entlang. In Kromantse sehe ich aus dem Auto das Fort Amsterdam - zum Anhalten und besichtigen finde ich es aber nicht interessant genug.

Die Straße nach Accra ist gut zu fahren, man muss aber manchmal aufpassen, dass man in irgendeinem Dorf an einem „Roundabout“, einem Kreisverkehr, die richtige Abzweigung findet, weil es dort definitiv keine Schilder gibt. Am Straßenrand wird allerlei Neues angeboten: Große, braune Schnecken; Fledermäuse, auf einen Holzrahmen gebunden und eine Art Biber oder große Ratte, die hier als Delikatesse gilt. Alles wird munter und gut sichtbar, hochgehalten.

Kurz vor Winneba gibt es einen Markt, von dem die Tro-tros, die hiesigen Buschtaxis, abfahren. Da entdecke ich Kathrin und Hans. Ich setze zurück und sause schwungvoll auf den Marktplatz. Die beiden staunen nicht schlecht, freuen sich aber, mich zu sehen. Sie bekommen gerade keinen Platz im Tro-tro und sind froh, dass ich sie mitnehme. Sie wollen nach Accra. Da muss ich leider auch hin, bzw. durch, da auf keiner Karte ein anderer Weg nach Akosombo, meinem Ziel, eingezeichnet ist.

So landen wir vor Accra in einem Stau und dann in Accra in einen richtigen Stau, auf der Winneba-Road, einer dreispurigen Straße, die zeitweilig fünfspurig genutzt wird. Es ist superheiß, es weht kein Wind.

Die Autos um einen herum blasen ungeniert ihre Abgase in unsere Fenster. Durch das Schiebedach knallt erbarmungslos die Sonne. Sobald es möglich ist, biege ich rechts ab in die Ring-Road. Sie bringt mich zum Meer. Ab hier ist es eigentlich ganz einfach. Man muß sich nur trauen und von seiner Intuition leiten lassen.

Wir suchen das „Akuma Village“, eine kleine, freakige Anlage mit winzigem Strand bei Ebbe und jeder Menge Reggae-Musik.

Doch zuerst stehen wir natürlich wieder im Stau und kriechen am Hafen entlang. Wir kommen am Leuchtturm vorbei und dann am Fort St.James, dass heute als Gefängnis dient. Ich möchte lieber nicht wissen, was dort für Zustände herrschen.

Dann wird es feiner und es kommen alle wichtigen Banken.

Plötzlich steht rechter Hand der Hinweis auf „Akuma Village“. Wir rumpeln hinein, es ist eine Piste, fahren auf eine Hüttengruppe zu und fragen uns weiter. „Ist das hier „Akuma Village?“. „Ja,..., ääh, was haben Sie gerade gefragt?“ Es war natürlich nicht das „Akuma Village“, aber viele Afrikaner sagen immer erstmal ’ja’.

Schließlich finden wir die Anlage doch noch. Leider ist es ausgebucht und so müssen sich die beiden ein anderes Hotel suchen. Wir gleichen kurz unsere Reiseführer ab, trinken etwas und dann will ich auch weiter.

An der Hauptstraße lasse ich die beiden endgültig raus. Als ich weiterfahren will, kommt eine Uniform, mit einem Polizisten darin, durchs Fenster und erklärt mir in ausladenden Gesten, wie es aussieht, wenn er „stopp“ meint. Denn, wenn er diese Geste macht (er hebt dabei theatralisch seinen rechten Arm),  dann meint er es auch so.

Was soll das - ich kenne den Kerl überhaupt nicht und versuche es auf die nette Tour, lächle ihn freundlich an und sage: „Oh, da muss ich wohl etwas übersehen haben, nichts für ungut“. Anstatt es nun auf sich beruhen zu lassen, habe ich den Kerl plötzlich auf meinem Beifahrersitz. Ich soll ein Stück zurücksetzen, zu einem Polizeibüro, und dort eine Strafe bezahlen. Er führt mir darauf hin wieder theatralisch vor, was ich angeblich übersehen haben soll und ich soll die Strafe zahlen. Mir schwant etwas und zum Glück sind Kathrin und Hans noch in der Nähe. Es ist immer gut, ein paar Zeugen zu haben. So streite ich alles ab und meine, für so einen Mist keine Zeit zu haben. Wahrscheinlich hat er das geträumt. Ich fahre, natürlich, immer vorbildlich. Er will aber immer noch, dass ich eine Strafe zahle, dann zeigt er mir wieder, welche Geste ich angeblich übersehen habe.

Der nervt, dieser Typ. Ich wiederhole wieder meine Unschuld etc. Dann sage ich - natürlich auf englisch: „Ich weiß, was Du willst. Du denkst, ich bin ein reicher, weisser  Mann aus Europa und Du willst mein Geld, sonst nix. Wieviel willst Du?“ Der Typ guckt mich entgeistert an und sagt, ehrlich entrüstet und beleidigt: „Nein, was denkst Du von mir - ich will Dein Geld nicht“, steigt aus, knallt die Tür zu und ... verschwindet. Ich kann einfach weiterfahren. Daraufhin sitze ich noch einen Augenblick fassungslos in meinem Wagen. Uniformen und ich werden wohl niemals zusammenkommen.

Dafür stehe ich ab jetzt wieder im Stau. Dazu kommt, dass der Wagen bei jedem Stopp abzusaufen droht und es wenig später auch jedesd mal tut. Da stehe ich nun im Stau, komme nicht vorwärts und versuche hektisch das Auto wieder in Gang zu bekommen. Mit Vollgas und Anlasser im Dauerbetrieb gelingt es mir dann zweimal wieder. Ab jetzt darf ich den Fuß gar nicht mehr vom Gas lassen. Selbst an Ampeln muss ich mit Vollgas und Bremse fast gleichzeitig, langsam heranrollen. Der Schweiß rinnt in Strömen von mir herab und meine Hände sind regelrecht aufgeweicht und schrumpelig. Es ist fürchterlich. Mein Körper fühlt sich, als ob er von vielen Nadeln gepiekt wird. Offenbar reagiere ich allergisch auf meinen eigenen Schweiß - zumindest, wenn er in solchen Mengen entsteht. Es wird Zeit, aus diesem Klima zu verschwinden.

Ich bewege mich langsam, meistens im Stau, in Richtung Stadtrand. Zuerst mache ich alles richtig. Spätestens in den Vororten verzettele ich mich völlig und fahre fast im Kreis. Anhalten und fragen geht schlecht, da mir entweder der Motor absäuft oder ich bei Vollgas einen Höllenlärm mache und mich kein Mensch versteht.

Ein BMW-Werkstatt kommt in Sicht, ich fahre hinein und sofort wird mich geholfen.

Der Motor läuft also wieder. „The fire was low“, sagt der Mechaniker, was ich als zu niedriges Standgas interpretiere. Die netten Leute weisen mir dann auch noch buchstäblich den rechten Weg.

Ich bin nämlich ziemlich weit vom Selbigen abgekommen. Jetzt kann ich nur noch nach Tema, dem größten und wichtigsten Hafen Ghanas, fahren und dort nach Akosombo links abbiegen. An der Straße nach Tema lockt eine Hotel-Reklame „Hotel Mundsburger Damm“. Da wird es doch einem Hamburger, wie mir warm ums Herz. Das hätte mich glatt interessiert, nur leider fehlt jeglicher Hinweis, wo es denn zu finden ist. Auf der anderen Seite Accras steht nämlich genau das gleiche Schild.

Jetzt geht es nur noch geradeaus, ca. 70km bis nach Akosombo. Schon lange vorher locken Schilder mit Kilometerangaben für das „Volta Hotel“ in Akosombo. Es ist das teuerste am Ort bzw. in Ghana und reinster Luxus. Ich bin zu mir großzügig und checke für zwei Nächte ein. Das Zimmer ist schön, hat alle Schikanen und einen schönen Blick auf den Staudamm und den Stausee.

Die Fahrt war anstrengend, meine Haut brennt. Mein Zimmer hat eine Badewanne. Das tut gut. Ich glaube, die Hitze tut mir nicht gut. Bei jedem Schwitzen diese Nadelstiche. Der Entschluss ist noch nicht endgültig, aber ich werde so bald es geht, einen Flug nach Europa buchen. Solange ich das Auto habe, ist es auszuhalten - von Staus einmal abgesehen. Montag bringe ich es zurück und dann bin ich wieder mit meinem Rucksack allein. Da wird es unmöglich sein, der Sonne auszuweichen.

Es ist Freitag. Der Pförtner sagte gestern, dass heute die Bootstour auf dem Voltasee stattfindet. Leider ist sie dann doch erst morgen. So fahre ich über den Volta-Fluß, über eine beeindruckende Stahlbrücke, nach Osten, Richtung Ho und später nach Hohoe. Beide Orte soll ich aber trotzdem nicht erreichen. Nach Ho will ich sowieso nicht und ca. 40km vor Hohoe wird die Straße sehr schlecht und für den BMW unakzeptabel. Bis dahin ist es eine wunderschöne Strecke durch Waldgebiete, kleine Dörfer, wo überall Ostern gefeiert wird. Die Leute treffen sich in feiner Kleidung draußen vor der Kirche und feiern.

Die Straße führt über einen Pass mit traumhaften Blick Richtung Togo und seinen Bergen und auf der anderen Seite auf den Voltasee. Der See ist ein Stausee und somit künstlich und hat auch kein richtiges Ufer. Er wirkt wie ein großer Fjord.

An einem Polizeiposten will  mich der Polizist grinsend verhaften, da ich das Stopp-Schild, das ich sonst sowieso immer ignoriere, tatsächlich ignoriert habe. Dafür schenke ich ihm einen Kugelschreiber.

Ich wende und fahre zurück. An einer Kreuzung biege ich nicht in die Straße ein, von der ich gekommen bin, sondern fahre geradeaus weiter. Ich hoffe ein wenig mehr vom Volta-See zu sehen.

Irgendwann wähne ich mich aber auf der Straße nach Norden, die endlos zu sein scheint. So wende ich wieder. Die Sonne knallt herunter, der Asphalt flimmert. Ein Chamäleon flitzt über die Straße - gerade rechtzeitig. Etwas später jagt eine kleine giftgrüne Schlange einen Frosch. Das sieht lustig aus. Er hüpft und sie schlängelt sich schnell hinterher. Beide mit Kurs auf meine Fahrbahn. Es macht kurz „schlurpf“. Na ja, einen von beiden hätte es schließlich sowieso erwischt.

Ein ganzes Stück weiter huscht noch schnell und rechtzeitig eine Buschratte rüber.

Einige Kilometer vor Akosombo gibt es einen Abzweiger nach einem Dorf namens Bozo. Ich will es noch ein letztes mal probieren, den See zu erreichen. Die Straße ist klasse und an den Straßenrändern werden Trommeln in allen Größen angeboten. Der Korpus besteht aus einem ausgehöhlten Baumstamm. Ich fahre und fahre und wundere mich plötzlich, dass mir ein Dorf, eine Landschaft so bekannt vorkommt. Ist es ein „déja vu ?“. Plötzlich fahre ich wieder an der Stelle mit dem Chamäleon vorbei. Vollbremsung - Wende. Ich war vorhin schon auf dem Rückweg, habe aber voll die Orientierung verloren und bin zurück gefahren. Genau das tue ich jetzt wieder. Ich bin einen Kreis zweimal gefahren und glaubte ganz woanders zu sein. So ist es Kolumbus damals wohl auch ergangen. Auf dem zweiten Rückweg sehe ich dann den Abzweiger nach Bozo, den ich glatt übersehen habe.

Ohne Beifahrer ist es schwer, sich zurechtzufinden. Ich habe drei verschiedene Karten von Ghana. Sie taugen alle nichts!! Die einzig brauchbare ist die von Michelin. Leider ist der Maßstab zu klein.

Der letzte Ort vor Akosombo scheint das Kissenzentrum Ghanas zu sein. Rechts und links am Straßenrand werden unendlich viele Kopfkissen angeboten.

Nachmittags gibt es Gewitter und Dauerregen. Endlich, kurz vor Einsetzen der Dämmerung, hört es auf. Ich fahre noch kurz bis Akosombo. Auf dem Weg dorthin begegnen mir viele Jugendliche aus einem nahen College in verschiedenen Kleinbussen. Sie tragen überwiegend rote Kleidung und sind völlig aufgedreht. Sie wirken sehr bedrohlich und nur mit Schwierigkeiten kann ich sie überholen. In Akosombo-(City) gibt es eine Lodge, direkt am Volta-Fluß, die in Sichtweite zur Brücke liegt. Leider ist der Blickwinkel für ein Foto auf die Brücke nicht perfekt. Die Anlage ist überdies ausgebucht, so dass sie auch keine Alternative zum Volta-Hotel darstellt. Und es gibt keinen Strom.

So fahre ich zum Hotel zurück. Wieder treffe ich auf die College-Jugendlichen. Diesmal sind sie zu Fuß, blockieren die Straße, sind betrunken und aggressiv. Als ich endlich an ihnen vorbeigefahren kann, hätte ich beinahe Vollgas gegeben um möglichst schnell vorbei zu kommen. Das hätte aber sehr gefährlich werden können. An der nahen Polizeikontrolle zur Staudammzufahrt frage ich die Polizisten, was denn mit den Jugendlichen los sei.

Da ist jemand gestorben und sie treffen sich zu einem Trauerfest. Klar, es ist ja Freitag. An diesem Tag werden die Toten betrauert.

Im Hotel läuft der Fernseher - viel zu laut - und nur CNN-Kriegs-Hurra-Geschrei. Nur mühsam finde ich einen Platz ohne TV-Beschallung.

Die meiste Ruhe habe ich in meinem luxuriösen Hotelzimmer. So nehme ich mir ein Bier mit und lese etwas.

Dafür ist es morgens gegen 6.00 Uhr mit der Ruhe vorbei. Das Zimmer liegt genau unterhalb des Restaurants und morgens wird hier geputzt. Es ist wie im Krankenhaus, wo man auch in den frühen Morgenstunden von der Putzkolonne aus dem Schlaf gerissen wird. Diesmal ist es mir eigentlich egal. Ich habe beschlossen, auf die Bootstour auf dem See zu pfeifen und umgehend nach Cape-Coast zurückzukehren. Außerdem habe ich beschlossen, so bald es geht, nach Europa zu fliegen. Es ist mir zu heiß, wenn gerade keine Wolken am Himmel sind; meine Pickel werden mehr und pieken wie Nadeln und meine Sehnsucht nach Ruth ist stärker, als ich dachte.

So mache ich mich in meinem BMW auf den Weg. Diesmal will ich Accra weiträumig umschiffen. Das ist nicht einfach. Die Straßen sind nicht nach einem logischen Muster angelegt, sondern umfahren immer irgendwelche Hügel. Dauernd ändere ich die Richtung und verliere leicht die Orientierung. Dann verzichten die Ghanaer weitestgehend auf Schilder, so dass man an jeder Abzweigung tunlichst nach dem Weg fragen sollte. Die Karten von Ghana taugen, wie gesagt, alle nichts und sind mit absoluter Vorsicht zu benutzen.

Schließlich bekommt man von den Einheimischen auch nicht unbedingt die richtigen Informationen. Ich bin sicher, die durchblicken ihr eigenes Straßensystem selber nicht. Nach vielen Extraschlenkern und Umwegen, durch allerdings wunderschöne Landschaften mit Hügeln, Kurven, kleinen Dörfern und weiten Ausblicken gelange ich endlich wieder auf den Motorway nach Cape-Coast. Operation gelungen, Accra umschifft!

Es gibt natürlich auch noch vieles andere zu sehen. In jedem Dorf gibt es z.B. eine Osterparty. Jedes Dorf hat sein Methodisten-, Baptisten-,  Presberitaner-, Anglikaner-, Zeugem Jehovas-, Ebenezer Health Church-, Adventisten- und sonstwas Gemeinde und alle machen große Parties im Freien.

Ab dem Motorway ist alles ganz einfach. Die Straße kenne ich ja nun zur Genüge. Es fährt sich gut, bis auf ein paar riesige Pfützen, die an die starken Regenfälle der letzten Tage erinnern. Man kann einer Pfütze aber leider nicht ansehen, wie tief sie ist und welche Löcher sie abdeckt - hier geht es dann etwas langsamer.

In Cape-Coast navigiere ich mich mühsam durch das Einbahnstraßensystem und erreiche die Agentur, wo ich den Wagen gemietet habe. Mit großem Hallo werde ich begrüßt. Als ich dann auch gleich sage, dass ich noch nicht wegen des Autos hier bin, ist die Freude besonders groß. Ich beauftrage die Agentur, einen günstigen Flug nach Europa für mich heraus zu suchen. Montag, wenn ich den Wagen zurückbringe, soll ich dann alle erforderlichen Informationen bekommen.

Ich surfe noch kurz bei „Cyber-City“ und gehe noch etwas im „Castle-Restaurant“ essen. Es ist witzig, man kennt mich bereits in dieser Stadt - beim Surfen, sowie beim Essen.

Ich steuere wieder „Hans Cottage Botel“ an. Hier bekomme ich auch zum Glück ein preiswertes Zimmer. Diesmal ohne Klimaanlage aber mit einem guten Deckenventilator.

Es sind besonders viele Deutsche zu Gast. Mit einigen komme ich ins Gespräch, wir setzen uns gemeinsam zum Essen. Heute Abend spielt eine Combo und verhackstückt nach Strich und Faden irgendwelche Evergreens. Kwesi Hanson, der Boss hier, kommt in sein Restaurant. Ich begrüße ihn und frage, was sein „Router“ macht. Er erkennt mich sofort, erinnert sich ein meinen Beruf, nimmt mich wortlos bei der Hand und schleppt mich mit seinem Auto in sein Haus, welches hoch auf einem Hügel steht. Irgendwie hatte ich gar keine Chance „nein „ zu sagen. Hauptsache ich bin zurück, wenn mein Essen kommt. Er fragt mich, wo ich denn die letzte Woche gewesen sei. Er braucht unbedingt meine Hilfe. Er hat ein spezielles Netz, dass ich überhaupt nicht durchschaue. Auf seinem Grundstück steht eine Satelliten-Schüssel, die das Internet empfängt und sie über eine drahtlose Netzwerkverbindung zu seinem eigenen Internet-Café und dann noch direkt nach Cape-Coast bringt. Jedenfalls kümmern sich seine Söhne darum und probieren seit Tagen, es wieder in Gang zu bekommen. Leider habe sie überhaupt keinen Ahnung von Netzwerken und testen nur ziellos herum. Bis Mitternacht prokeln wir dann gemeinsam an diesem blöden Netz herum und freuen uns über jeden kleinen Erfolg. Gemeinsam bekommen wir es immerhin hin, dass die roten Lampen verschwinden. Schließlich weiß ich wenigstens, welche Einstellungen absolut falsch sind. Mit dieser „Negativ-Hintenrum-Methode“ bekommen wir es schließlich zum Laufen. Die Jungen meinen glatt, ich bringe ihnen Glück - na ja. Ansonsten habe ich fast nichts von deren Netz verstanden. Ich bin wohl schon zu lange in Afrika.

Nachts treffe ich dann noch die paar Deutschen im Restaurant - auf ein paar Bier.

Den Sonntag - Malariapillentag - mache ich sehr wenig. Ich lese mein Buch weiter. Jetzt kann ich endlich lesen, bis nichts mehr da ist und habe habe trotzdem noch unendlich viel deutschen Lesestoff entdeckt. Nachmittags bin ich am Pool und gucke kurz zu den Jungs, rein, was das Netz so treibt. Sie haben es wieder gegen die Wand gefahren. Weil die Jungs aber nicht unbedingt auf meine Vorschläge eingehen wollen - warum auch - lasse ich sie alleine weiter probieren. Ich habe keine Eile zu surfen. Morgen bin ich wieder in Cape-Coast und habe dann über ein anderes Netz ausreichend Gelegenheit dazu.

Abends ist eine kleine Feier im Restaurant. Einige Leute feiern wohl einen Geburtstag und Kwesi Hanson verstärkt seinen Pianisten mit einer schrecklich falsch gestimmten E-Gitarre. Leider ergibt es sich, dass Kwesis Frau heute nicht, wie sonst immer, in der Küche das Regiment führt - sie ist heute einfach nicht da. Daraufhin verlängern sich die Wartezeiten für das Abendessen auf 1,5 Stunden. Als Kwesi davon Wind bekommen, bekomme ich eine der seltenen Gelegenheiten mit, wenn Afrikaner so richtig ausrasten - sehr beeindruckend .

Beim Frühstück setzt sich Kwesi an meinen Tisch, wir klönen noch eine Weile und er erklärt mir wie das ist, als Ghanaer in Ghana mit anderen Ghanaern ein Hotel zu organisieren. Sehr interessant. Ich glaube, er hat seit sehr vielen Jahren keinen Urlaub mehr gemacht.

Der Montag ist mein letzter Auto-Tag. Frohgemut steige ich nach dem Frühstück in den Wagen, um ihn seinem Eigentümer zurückzubringen. Aber, was ist das? Ich trete die Kupplung und trete ins Leere. Scheiße. Nun geht die Mistkarre auf den letzten Metern auch noch kaputt. Völlig genervt steige ich aus, öffne die Motorhaube und gucke ratlos auf den Motor. Ich habe keinen blassen Schimmer, was da kaputt sein könnte und weiß überhaupt nicht, wo ich suchen soll. Ich rechne mit irgendeinem gerissenen Kupplings-Zug - finde aber keinen.

Auf dem Gelände stehen genug Jungs herum, die sich Geld mit Klamotten- und Wagenwaschen oder Taxidiensten verdienen. Sofort eilen sie herbei und schieben mich zur Seite - wir machen das schon. Ich denk noch: Vorsicht, das ist ein teurer BMW. Aber sie wissen offenbar sofort, wo sie hingucken müssen. Er ist nicht genug Bremsflüssigkeit da. „Ja, ja, kann ja sein, aber das Problem ist doch die Kupplung“. Den Zusammenhang verstehe ich erstmal nicht. Ich lerne aber gerne dazu und weiß jetzt, dass beim BMW die Kupplung hydraulisch - mit Bremsflüssigkeit - betrieben wird. Schön.

Ein Taxi fährt mit mir nach Cape Coast zu einer Tankstelle. Wir kaufen eine Flasche, kehren zurück, füllen nach, pumpen100 mal und schon geht‘s. Puuh, Glück gehabt. Jetzt nur noch schnell die Kiste zurückbringen.

In der Agentur werde ich wieder mit „hallo“ begrüßt. Der Wagen wird anstandslos entgegengenommen und ich bekomme die Kaution zurück. Mit den Flügen sind sie nicht viel weiter gekommen, weil auch am Ostermontag die Büros der Fluggesellschaften geschlossen sind. Auch gut, ich komme morgen wieder. Ich gucke noch mal kurz ins Cyber-City, esse eine letztes mal im Castle-Restaurant und fahre dann zurück ins Hotel. Die Strecke ist recht weit, das Hotel liegt im Landesinnern und entsprechend teuer ist das Taxi. Wenn ich also noch ein paar Tage in dem Hotel bleibe, kann ich mich genauso gut mit einem Taxi ins 160km entfernte Accra fahren lassen.

Im Hotel ist noch reges Ausflugsleben. Es gibt nirgends Ruhe. Die Siesta bringt auch keinen Spaß. Die Entscheidung bald nach Europa zu fliegen, ist nicht mehr fern. Immerhin funktioniert jetzt auch wieder hier das Internet. Ein Techniker aus Accra war letzte Nacht hier und hat so ziemlich genau das gemacht, was ich den anderen vorgeschlagen hatte und was ja schon mal funktioniert hatte. Ein Profi also - willkommen im Club.

Jetzt geht es zumindest immer für einige Minuten, da ein Gerät trotzdem kaputt ist.

Am Dienstag checke ich aus. Vielleicht bekomme ich zeitnah einen Flug. Wenn ja, dann kann ich den auch in Accra erwarten. Die Buszeiten habe ich bereits notiert.

In der Agentur werde ich mit der Idee konfrontiert bereits heute zu fliegen. Boaah ey. So schnell. Leicht verunsichert bitte ich mir etwas Bedenkzeit aus. Mit Ruth habe ich letzten Abend das Für und Wider einer baldigen Rückkehr diskutiert. Sie hat noch eine E-Mail angekündigt. Ich verspreche mir noch neue Erkenntnisse und gehe ins Cyber-City. Leider gibt es hier keinen Strom. Auch gut, es soll wohl so sein.

Die Entscheidung ist somit gefallen. Über die Agentur wird ein Platz reserviert. Ich hole mit Kreditkarte und den restlichen Reiseschecks einen ansehnlich großen Geldbetrag und kehre mit einer Tasche, prall gefüllt mit Geldscheinbündeln, zurück. Gleich darauf geht es schon los nach Accra. Der Boss der Agentur fährt mich mit seinem Auto - gegen ein gewisses Entgelt natürlich - direkt nach Accra. Dort holen wir bei einem Tickethändler das Ticket. Erst jetzt, da ich das Ticket in den Händen halte, beginne ich Ruth vorsichtig auf meine morgige Rückkehr vorzubereiten.

 

Was für eine Aufregung.

Die Lufthansa-Maschine hebt auch pünktlich ab, um kurze Zeit später bei einer Zwischenlandung in Lagos 2 Stunden wegen eines Hydraulik-Schadens zu verlieren. Dadurch landen wir entsprechend spät in Frankfurt. Wir müssen in dem Bereich für die USA-Flüge aussteigen. Hier herrschen härtere Kontrollen. Zuerst heißt es aber, alle müssen durch den Passagier-Finger durch, die Treppe runter und dann in einen Bus. Klasse, freu ich mich. Ich sitz ja recht weit vorne und bin somit schnell von Bord. Meinen Anschlussflug habe ich natürlich längst verpasst. Dann heißt es, eine Treppe ist an das Heck der Maschine angedockt. Wir müssen hinten raus. Mist, also alles umdrehen. Ach nee, heißt es jetzt, der Finger ist der Ausgang. Alle drehen sich wieder um. Es ist wie im Film und kein guter Tag für den Flughafen Frankfurt. Im Finger ist aber Stau. Zwar sind die meisten Leute in äußerster Eile - wissen oft gar nicht, wann und wie es weitergeht - trotzdem stehen zwei BGS-Leute seelenruhig am Ausgang des Fingers um ausschließlich farbige Reisende zu kontrollieren. Jede Pass-Seite wird peinlichst genau überprüft - „Hast Du mal die Schwarzlichtlampe ?“. Die Passagiere sind nervös, genervt und wütend. muss das gerade jetzt sein? Sind zwei Stunden Verspätung nicht genug? Wie viele Flüge sollen wir denn noch verpassen? Aber, so etwas bringt doch eine Beamtenseele nicht von seinen Pflichten ab.

 

In Hamburg lande ich dann zwei Stunden später.